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Locke sagten, in demselben Geist behandelt werden
sollten wie die Probleme des physikalischen Ge
schehens. Das war die heroische Zeit der Sozial
wissenschaften. Welchen Geist atmen die besten
Leistungen dieser Epoche! Welcher Glanz liegt über
diesem Schaffen! Welchen Genuß gewährt es, in
dieser Literatur zu blättern und zu träumen!
Nun möchte ich das, was damals erreicht wurde,
mit kurzen Strichen nachzeichnen. Eine verzweifelte
Aufgabe, aber immerhin nicht so verzweifelt, wie der
Versuch, das sozialwissenschaftliche Wollen unserer
Zeit zu schildern. Denn wenn auch die Literatur des
18. Jahrhunderts keine Einheit war, und Wässer aus
sehr verschiedenen Quellen da zusammenfließen, so
war sie doch viel einheitlicher als die der Folgezeit.
Noch war ja die Arbeitsteilung nicht so unerbittlich,
noch konnte man Polyhistor sein, ohne Dilettant zu
werden. Und die einzelnen Autoren arbeiteten viel
mehr aus sich selbst heraus, als es heute irgendwer
kann, so daß aus ihren Werken klarere, einfachere
Botschaften quellen. Die Spuren alter Schranken
sind noch deutlich sichtbar, und aus Recht und Theo
logie entwickelte sich das Meiste, das für uns in Be
tracht kommt. Bischöfe und Rechtslehrer treten noch
immer in der bunten Gruppe hervor, die mehr und
mehr aus allen Arten von Literaten zu bestehen be
gann, die in Londoner Cafehäusern oder Pariser
Salons, oder an deutschen Universitäten diskutierten
und stritten, von Leuten, die sich bald an die feudale
Gesellschaft anschlossen, bald würdevolle Spießer
leben führten, bald Freud und Leid der Tragikomödie