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nunft! Aller Glanz verloren, alle schwachen Punkte
beibehalten — es war fürwahr ein ärmlicher Ab
schluß eines in seinen Grundlagen so prächtigen
Baues! Alle die Literaten, die sich über die Religion
und die Ideale der Menschheit machten, substituierten
ihnen die Jämmerlichkeiten des Philisters — die An
schauungen des täglichen Lebens ihrer Klasse. Und
das allein hat dem Werk des 18. Jahrhunderts jenen
Ruf kühlen Rationalismus’ eingetragen, einer flachen
Überschätzung hausbackener Vernunft. Zwar hatte
schon dem gegenüber die Kritik dessen, was die Ana
lyse leisten kann, eingesetzt. Zwar hat das 18. Jahr
hundert selbst schon von seinen eigensten Grundlagen
aus schließlich eine Vernunftkritik gewonnen, die zu
den größten Leistungen der Geistesgeschichte ge
hört — und ihren Gipfel in Hume und Kant er
klommen. Zwar gab es mehr Lebensglut und Ideal
freudigkeit als jemals — man denke nur an Sturm
und Drang, an die religiösen Bewegungen in England
und Deutschland, mögen diese letzten auch unser
Gefühl wenig anziehen, an das Erwachen sozialer
Sympathien. Aber die Nicolais und Gottscheds aller
Länder waren eben auch da, und an sie hielt sich
das Urteil der Späteren, das sich ja stets an die
Niederungen hält. Endlich hatten sich viele der
leitenden Geister und viele der tüchtigsten Durch
schnittsarbeiter gerade auf diesem Feld, in dem so
empfindliche Wurzeln ruhen, so kompromittiert, daß
man das nicht von ihren dauernd wertvollen
Leistungen schied — nichts fällt dem Menschen ja
so schwer, als eine Verurteilung zu qualifizieren und
Schumpeter, Yergangenh. u. Zukunft d. Sozialwissensch. 2