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dieselbe Geistesverfassung, die zu Verirrungen ge
führt hat, die er nicht verzeihen kann, in anderen
Gebieten als verdienstvoll anzuerkennen: Mit der
„Aufklärung“ und all den öden Phrasen, in die das
Ungeheuer Publikum die Geistestaten der Zeit ver
arbeitete, haben wir aber hier nichts zu tun, so wenig,
wie der Maler, der eine Eiche malt, sich um die
Würste zu kümmern braucht, in die die Schweine, die
im Eichenwald weiden, verarbeitet werden.
Viele also schieden nicht einfach von der Theo
logie, sondern zogen sie ein Stück' mit sich fort.
Schließlich kam es zum Scheiden, aber vorher noch
zur „natürlichen Theologie“. Wir finden sie als Be
standteil der großen Lehrsysteme der Moralwissen
schaft jener Zeit und des Curriculum der Universi
täten neben Rechts-, Sitten- und Wirtschaftslehre.
Und sie war nicht etwa eine Religionswissenschaft
von der Art, wie wir sie heute kennen, keine Lehre
von den sozialen Funktionen und Erscheinungsformen
der Religion — von der Religion als sozialer Er
scheinung — sondern eine Diskussion des Wahrheits
gehaltes der fundamentalen Glaubenssätze, ein Ver
such, diese Glaubenssätze logisch zu beweisen oder
zu widerlegen. Das konnte für die Folgezeit keine
Bedeutung behalten und speziell für die Sozialwissen
schaft hat es nur d i e Bedeutung, daß solche Dis
kussionen Vorläufer waren für jene wissenschaftliche
Untersuchung der psychologischen und soziologischen
Tatsachen des religiösen Lebens. Hätte ich Raum,
so könnte ich die Keime solcher Tendenzen sogar in
jener „natürlichen Theologie“ nachweisen.