Full text: Einführung in das Studium der Konjunktur

166 Vierter Abschnitt. Konjunkturprognose und Konjunkturpolitik. 
Man kann hier zunächst beobachten, daß die einzelnen Unter 
nehmungsformen ein sehr verschiedenes Verhältnis zum Kapital- 
und Geldmarkt, vor allem zum ersteren, haben, indem sie diesen in 
einer ganz verschiedenen Weise in Anspruch nehmen. Es gehört 
hierher einmal die Tatsache, daß,der Reinertrag der Einzelunter 
nehmung, soweit er nicht zum Lebensunterhalt des Besitzers und 
seiner Angehörigen verwandt wird, in dem Geschäft verbleiben kann, 
dem dadurch in natürlicher Weise die Mittel zu seiner innerlichen 
Kräftigung und Ausdehnung zugeführt werden. Demgegenüber wird 
bei der Aktiengesellschaft der ganze Gewinn, soweit er nicht 
zur Bildung offener und stiller Reserven verwandt wird, als Dividende 
verteilt, und es ist deshalb bei der Aktiengesellschaft die Regel, daß 
hei einer Vergrößerung des Unternehmens eine Inanspruchnahme des 
Kapitalmarktes erfolgen muß. 
Mit diesem Unterschied hängt es dann auch zusammen, daß der 
Einzeluntemehmer bis zu einem gewissen Grade in weit stärkerem 
Maße, als es bei der Aktiengesellschaft der Fall ist, in der Erweiterung 
und Ausgestaltung seines Geschäftes unabhängig ist. Das Kapital der 
Aktiengesellschaft dagegen hat Effektenform, und wird in der Regel 
an der Börse gehandelt, wo es in seiner Bewertung in hohem Maße 
der Börsenstimmung und Börsenspekulation, aber auch unabhängig 
davon, den Einflüssen der Großbanken unterliegt. Es ist oben bereits 
darauf hingewiesen worden, daß sich daraus für die Produktions 
politik der Aktiengesellschaften, ganz besonders in der Zeit des wirt 
schaftlichen Aufstieges, bestimmte Wirkungen ergeben können. Die 
Effektenspekulation schraubt in dieser Zeit die Kurse hinauf und da 
mit entsteht für das Unternehmen, wenn es keine Entwertung seiner 
Aktien herbeiführen will, die Notwendigkeit, seine Dividende diesen 
gestiegenen Kursen anzupassen, deshalb eventuell die Produktion zu 
forcieren, vielleicht sogar zu diesem Zwecke Neuanlagen und Be 
triebsanlagen vorzunehmen. 
Soweit das Gesagte zutrifft, wirkt das Bestehen von Aktien 
gesellschaften als solchen in diesen Zeiten nicht nur steigernd auf 
die Produktion, sondern auch belastend auf den Kapitalmarkt, da 
eben Betriebserweiterungen in der Regel nur durch eine neue In 
anspruchnahme desselben möglich sind. Es können also bei der 
Aktiengesellschaft von außen kommende Faktoren sein, gar nicht 
der Wunsch und die Initiative der Betriebsleitung, welche eine solche 
Entwicklung hervorrufen. Die Aktiengesellschaft ist also abhängiger 
von den Einflüssen des Kapitalmarktes, von den Einflüssen von 
Banken und Börse, als der Einzelunternehmer. Hat man doch auch 
schon häufig darauf hingewiesen, daß in der Zeit einer aufsteigenden
	        
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