2. Die private Unternehmung im Wandel der Konjunktur
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äußeren Gründen in fortdauernder Bewegung begriffen und eine der
Formen und Wirkungen dieser Bewegung ist auch das Auf und Ab
in der wirtschaftlichen Konjunktur.
Es ist dies eine Tatsache, die sich nicht nur auf Grund einer
wissenschaftlichen Beobachtung ergibt, sondern die allein schon
auf Grund der persönlichen Erfahrung dem Unternehmer in Fleisch
und Blut übergehen muß. Mag den Unternehmer in der Hausse ein
noch so großer Optimismus beseelen, mag er, wie wir noch ge
nauer sehen werden, noch so sehr mit der Weiterdauer einer vort-
handenen, günstigen Konjunktur rechnen, — was der Mensch
wünscht, das hofft er — so ist er sich 'doch darüber klar, daß auch
Wieder einmal ein Umschwung erfolgen muß. Wir sehen deshalb
auch an deutlich erkennbaren Merkmalen, wie in steigendem Maße
die Unternehmungen diesem drohenden Umschwung und seinen un
günstigen Folgen Rechnung zu tragen suchen. Sie haben Ver
anlassung, das in um so ausgedehnterer und gründlicherer Weise zu
tun, je verhängnisvoller ein Rückgang des Absatzes die ganze Lage
und den Ertrag des Unternehmens beeinflussen wird und das wird,
wie wir gesehen haben, in um so stärkerem Maße der Fall sein, eine
je größere Rolle vor allem das stehende Kapital dem umlaufenden
gegenüber spielt. Eine solch hohe Kapitaltechnik stellt eben die
Unternehmungen vor ganz besonders schwierige Aufgaben. Sie er
schwert nicht nur die Übersichtlichkeit der Marktverhältnisse und
macht es dem Produzenten schwer möglich festzustellen, inwieweit
die Nachfrage nach seinen Erzeugnissen auf einem nachhaltigen un
mittelbaren Verbrauch oder nur auf einem solchen nach neuen Pro
duktionsmitteln beruht, also einen mehr oder weniger sporadischen
Charakter tragen kann, eine solch hohe Kapitaltechnik kann vielmehr
auch das Konjunkturrisiko ganz erheblich steigern und damit, wie
wir gesehen haben, bei solchen Unternehmungen eine ganz eigen
artige Konjunkturpolitik herausbilden.
Wir haben oben bereits an verschiedenen Beispielen kennen
gelernt, in welch unheilvoller Weise der Konjunkturrückgang um die
Jahrhundertwende die Erträge der deutschen Industrie beeinflußt
hat. Um das noch einmal deutlich hervorzuheben, sei auf
die Aktiengesellschaften in der Wollindustrie, wofür damals Kuntze
in den Sehr. d. V. f. Sp. wertvolle Zusammenstellungen gebracht
hat, hingewiesen. Vom Jahre 1899 auf das Jahr 1900 ging in Pro
zenten des Aktienkapitals die Dividende zurück: bei sechs Wäsche
reien und Kämmereien von 14,44 auf 1,79 °/o, bei 35 Spinnereien
von 6,66 auf 1,91 o/ 0j bei 17 Webereien von 3 auf 2,5 o/o, bei 8 Tuch
fabriken von 4,62 auf 0,81 o/ 0 , bei 6 Filzfabriken von 10,25 auf
Mombert, Studium der Konjunktur. 13