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Bedürfnisse und Arbeit. 15
Nuß nicht herunterschlucken kann, ohne sie aufzuknacken. Nun
steckt es sie ins Mäulchen, „damit sie seinen Geruch annimmt
und so leicht von den anderen und von ihm selbst zu erkennen
ist, wenn sie in einem Versteck verborgen ist, wo es sie wieder
finden wird". Es setzt sein Eigentumssiegel darauf durch eine
Geste, die eine Besitzergreifung bedeutet (inanolpsttio
werden spättzr die römischen Rechtsgelehrten sagen).
Demnach beginnt die Aneignung in dem Augenblick, wo
sie sich vom eigentlichen Verbrauch loslöst, um sich in der
Gestalt der Ersparnis, der Vorratswirtschaft fortzusetzen.
Aber das Eigentum setzt sich bei den Tieren auch noch
unter einer andern, und zwar recht menschlichen, Form durch
— das ist der Diebstahl. Die Tiere bestehlen sich oft gegen
seitig: die Raubmöwen, die den von einem andern gefangenen
Fisch stehlen und die sich so als Sonderart von Schmarotzern
erweisen; und in der Jnsektenwelt die Hornisse. Es ist das
Gefühl des sehr ausgeprägten Eigentums. Man kennt das
berühmte Wort Proud'hons: „Eigentum ist Diebstahl".
Uber die Formel läßt sich sicher streiten, aber sie wird indis
kutabel, wenn man sie umkehrt und sagt: Diebstahl ist Eigen
tum. Es ist in der Tat klar, daß es keine Diebe gäbe, wenn
es keine Eigentümer gäbe. Die Tiere nun haben vollkommen
das Gefühl, daß der von ihnen gestohlene Gegenstand das
Eigentum eines andern ist.
Die Tiere haben nicht nur das Gefühl für die individuelle
Aneignung der Verbrauchsgegenstände. Sie haben es auch
für die Wohnung: die Biene verteidigt ihren Stock, der Vogel
sein Nest, wie der Hund sein Lager, gar nicht zu reden von der
Art, wie er das Eigentum seines Herrn verteidigt.
Sie haben auch den Begriff des Kollektiveigentums.
Bekannt ist die Geschichte von den Konstantinopeler Hunden,
welche die Jungtürken auf eine Insel verbannt haben, um sie
dort Hungers sterben zu lassen — übrigens eine der gemeinsten
Handlungen, die sie begangen haben. Diese Hunde hatten
ihre besonderen Stadtviertel, und es war dem Bewohner des
einen Viertels verwehrt, in ein anderes zu kommen. Wenn
er sich dorthin wagte, so heftete sich die ganze Meute dem Ein
dringling an die Fersen und verfolgte ihn bis zur Grenze, wo
sie dann anhielt, in der Erkenntnis, daß da, wenn auch unsicht
bar, die Schranke ihres Gebiets war.
Bei uns, bei den Menschen, nimmt das Eigentum im all
gemeinen die Gestalt des Kapitals an. Findet sich dieser
Begriff des Kapitals bei den Tieren wieder? Ja und nein.