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Nach dem von Zabel geführten Kassenbuch und dem von Runge geführten
Protokollbuch, sowie nach den Erklärungen von Erbe, Baumgarten, Thielke
und Wenzels sind vielfach von dem Wahlverein durch die drei zuletzt genannten
Vertrauenspersonen Beiträge an die Parteikasse gezahlt.
Ein bei Erbe beschlagnahmter Brief ergibt eine Verbindung mit dem
2. Wahlverein. — In einer Versammlung am 22. Mai 1894 hat der da
malige Vorsitzende des 6. Wahlkreises, Angeschuldigter Kiesel, über die Vorzüge
der im 6. Wahlkreise durchgeführten Organisation gesprochen. Vgl. oben:
2. Wahlkreis.
Ein wichtiger Beweis für die Verbindung der verschiedenen Vereine unter
einander ist die vom 29. November 1893 im Vereinshaus „Süd-Ost", Walde
marstraße 75, stattgehabte Versammlung des 4. Wahlkreises. Der Schutzmann
Schulz hat dieser Versammlung beigewohnt.
Es waren dazu sämtliche Wahlvereinsvorstände der sechs Kreise und
sämtliche Vertrauenspersonen geladen; desgl. auch der Parteivorstand. Von
letzterem war Gerisch erschienen. Von den hier interessierenden Vertrauens
personen nahmen teil: Taeterow, Felgentreff, Werner, Wenzels, Schulze,
Pfarr, Maschowsky, Augustin, Lelbig und Bolze. Zum Vorsitzenden wurde
Wenzels gewühlt. Gegenstand der Beratung war der im „Vorwärts" vom
26. November 1893 veröffentlichte Entwurf „Zur Reorganisation der sozial
demokratischen Vereine Berlins" Bd. I, Bl. 124, welcher später in allen
größeren Wahlkreisen eingeführt ist.
Dafür, daß die Vertrauensmänner einen innigen Zusammenhang unter
einander gehabt haben, so daß sie als selbständiger Verein zu erachten sind,
ist der bei Baumgarten beschlagnahmte Brief der Buchhandlung des „Vor
wärts" vom 10. Mai 1895 von Bedeutung. In demselben wird mitgeteilt,
daß das 3. Lest der Umsturzvorlage an „die Vertrauensleute Berlins"
zur Ausgabe gelangt.
In einem bei Schulze beschlagnahmten Notizbuch findet sich ein Vermerk
über eine Vertrauensmänner-Sitzung vom 15. November bei Zubeil.
Die sechs Vertrauenspersonen haben Versammlungen einberufen, Geld
aus Bons gesammelt und an die Parteikasse abgeführt.
Schulze hat das von ihm gesammelte Geld auch teilweise an die Agtta-
tionskommission für die Provinz Brandenburg abgeliefert und an letztere
Kommission auch im Aufträge des Wahlvereins Beiträge gezahlt.
Im Kerbst 1895 ist auch die Angeschuldigte Fräulein Baader zur Ver
trauensperson gewählt worden. Sie hat sich von dem Angeschuldigten Thielke
für 120 Mk. Sammelbons geben lassen. Im Übrigen gilt von ihr das be
züglich der Frau Scholtz im 2. Wahlkreis Gesagte.
Die Corpore-Versammlungen find meistens von Baumgarten geleitet.
5. Wahlkreis.
Im 5. Wahlkreise ist Drescher etwa 2 Jahre lang bis April 1895 Vor
sitzender gewesen; später ist er stellvertretender Vertrauensmann geworden.
Richter ist bis November 1895 Kassierer gewesen, alsdann zum Vertrauens
mann gewählt. Lllbner ist von Kerbst 1894 bis dahin 1895 Vertrauensmann
gewesen. Wie diese drei Angeschuldigten einräumen und durch die bei Richter
und Kübner beschlagnahmten Quittungen und Posteinlieferungsscheine erwiesen
wird, hat Richter zu der Zeit, als er Kassierer und Drescher Vorsitzender war,
mehrfach größere Beträge auf Beschluß des Vorstandes an Kübner gezahlt,
welcher sie seinerseits an den Parteikassierer Gerisch oder an die Agitations
kommission für die Provinz Brandenburg ablieferte. Kübner hat ferner ge
meinsam mit den Vertrauenspersonen der anderen Wahlkreise zu öffentlichen
Versammlungen in den einzelnen Kreisen eingeladen. Der Betrag für diese
Inserate im „Vorwärts" wurde von dem Vertrauensmann Schulze (4 Wahl-