Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

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burger Vorgängen die gehörigen Folgerungen zu ziehen und für eine gebührende 
Vertretung der Arbeiter in den Revier-Sanitätskommissionen Sorge zu 
treffen. Noch sei das Übergreifen der Cholera-Epidemie auf Berlin nicht 
ausgeschlossen, und so bliebe den Arbeitern wieder einmal nichts übrig, als 
mit der Tat jvoranzugehen und sich selbst zu helfen. Der Aufruf schlug 
ein. Im Laufe einer Woche meldeten sich über hundert Personen zur 
Mitarbeit, darunter eine größere Anzahl Ärzte und auch verschiedene 
technische Sachverständige. Nachdem zunächst ein provisorisches Komitee 
aus den Arbeitern G. Dietrich, Rud. Millarg und Robert Schmidt, 
dem Techniker L. Bauermeister und noch einigen Fachleuten die vor 
bereitenden Arbeiten in die Land genommen hatte, erfolgte am 6. Oktober 1892 
die endgültige Konstituierung der Arbeiter-Sanitätskommission mit 
Zadek als Vorsitzenden. Berlin wurde für die Zwecke der Organisierung derart 
in acht Bezirke eingeteilt, daß der 1., 2., 3. und 5. Reichstagswahlkreis je einen, 
der 4. und 6. Wahlkreis je zwei Bezirke bildeten. Die Mitglieder der 
Kommission übernahmen es, jeder in seinem Bezirk als Kontrolleur einen 
Teil der einlaufenden Beschwerden auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Zu 
diesem Behufe erhielten sie eine gedruckte Anleitung und entsprechende 
Frageformulare. Es wurde ihnen zur Pflicht gemacht, jede Übertreibung, 
jedes tendenziöse Abweichen von der Wahrheit aufs strengste zu vermeiden, 
da ein einziger falscher oder auch nur ungenauer Bericht den möglichen 
Nutzen von hundert peinlich genauen Feststellungen zunichte machen könne. 
Die Beschwerden wurden in der Regel von zwei Kontrolleuren unabhängig 
voneinander und ohne daß der eine vom andern wußte, geprüft und deren 
Berichte vorher verglichen, ehe auf Grund ihrer der betreffende Fall vor 
die Öffentlichkeit gebracht wurde. 
Die Kommission brauchte um Stoff zur Betätigung nicht bange 
zu sein. 
Schon in seiner Nummer vom 25. September 1892 hatte der „Vor 
wärts" eine ganze Liste von Mißständen in Arbeiterwohnungen zu ver 
öffentlichen, die zur Kenntnis der Gründer der Kommission gekommen 
waren. Die meisten davon bezogen sich, wie es angesichts der Cholera 
gefahr nur natürlich war, auf den Zustand der Klosetts und enthüllten haar 
sträubende Versündigungen gegen die einfachsten Vorschriften der Reinlichkeit. 
Es wurden verschiedene Fälle festgestellt, wo ein einziges Klosett für sieben 
und mehr, in einem Fall sogar für 19 Laushaltungen herhalten mußte, 
und daß diese Klosetts meist ekelerregend unsauber waren, braucht kaum 
noch hinzugefügt zu werden. Vielfach waren sie auch bar aller Spül 
vorrichtungen und so gelegen, daß sie den ganzen ümkreis verpesteten. 
Kurz, es zeigte sich sofort, daß die Arbeiter-Sanitätskommission keine 
Minute zu früh ins Leben gerufen worden war. 
Fast Woche für Woche veröffentlichte der „Vorwärts" nun Mitteilungen 
der Kommission über sanitätswidrige Wohnungs- und Fabrikzustände. Außer 
den Klosetts war auch oft die Wasserversorgung schändlich vernach 
lässigt. Des weiteren waren viele Wohnungen feucht und dunkel, wahre 
Brutnester für alle möglichen Erkrankungen. Von Äberfüllung der Woh 
nungen gar nicht zu reden. Dann wurden auch andere Mißstände fest 
gestellt: die jammervollen Löcher, in denen Dienstboten, Lehrlinge oder 
beim Prinzipal wohnende Arbeiter oft zu Hausen hatten; die Verpestung
	        
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