Full text: Die Bewirtschaftung von Korn, Mehl und Brot im Deutschen Reiche, ihre Entstehung und ihre Grundzüge

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Korneinfuhr drohte nach dem englischen Plan noch bei zureichenden 
Borräten die Versorgung zu verwirren. 
2. H ö ch st p r e i s p o l i t i k. Ließ man die Sonderwünsche 
der verschiedenen beteiligten Gruppen beiseite, so standen in jener Be 
wegung die grundsätzliche Forderung an den Staat, der 
Preissteigerung nicht untätig zuzusehen, sondern einzugreifen, und der 
Vorschlag eines bestimmten Eingriffsmittels nebeneinander. Es war 
richtig, daß die Ausgabe beträchtlicher Papiorgeldmengen und der große 
unproduktive Güterverbrauch in den abgelaufenen Kriegsmonaten in 
allen Ländern die Preise hatten steigern müssen, und daß im beson 
deren Falle für die Ernährung des deutschen Volkes infolge des 
englischen Hungerkrieges bei größerem Verbrauch geringere Korn 
vorräte als im Frieden verfügbar waren, deren Preis außerdem 
die schärfere Konkurrenz zwischen Vieh und Mensch um diese Vor 
räte unverhältnismäßig in die Höhe treiben mußte. Aber Erkennt 
nis befriedigt Wohl Köpfe, doch nicht Mägen. Ebensowenig konnte der 
aus der britischen Volkswirtschaftslehre bezogene Trost verfangen, daß 
steigende Preise bei freier Verkehrswirtschaft die Nachfrage ein 
schränken oder das Angebot vergrößern und sich die Lage so nach 
gewisser Zeit von selbst einrenkt. Furcht vor Hunger kann nicht 
warten und würde hier vergeblich gewartet haben, da die Freiheit 
des Verkehrs von der volkswirtschaftlichen Praxis der Briten unter 
bunden war. Tie Weisheit von der Gasse, daß teuere Ware nicht 
„alle" wird oder, deutlicher ausgedrückt, daß die Preise den Ver 
brauch regeln, war richtig. Aber diese Wirkung tritt dadurch ein, 
daß, je höher der Preis einer Ware steigt, desto mehr Volksschichten 
ihren Verbrauch hieran einschränken oder einstellen müssen, während 
die reicheren Volksangehörigen ihren Verbrauch beibehaltet und da 
mit noch die Preissteigerung unterstützen. Denn verbrauchen 
kann nur, wer die Ware bezahlen kann. Solche Verteilung, 
welche die teuere Ware dem Ärmeren aus der wirtschaftlichen 
Armweite entschwinden läßt, ist, von sozialen Rücksichten abge 
sehen, bei den meisten Waren wirtschaftlich auch erträglich und da 
her ein zureichender Grund für staatliches Nichthandeln. Aber 
die Sache liegt anders bei Waren, die wie Brot, Kartoffeln. 
Fleisch oder Fett für die gegenwärtige deutsche Ernährung in 
bestimmten Mengen unentbehrlich sind und nach Lage der Verhält 
nisse durch andere Waren zu erschwinglichen Preisen nur in be 
messenen Grenzen ersetzt werden konnten. Beim Brot und Mehl, mit 
denen wir es hier allein zu tun haben, schränkt bei steigenden Prei 
sen die Bevölkerung nicht ihren Bedarf ein, sondern befriedigt ihn
	        
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