Full text: Die deutsche Wirtschaft

Kommunale Wirtschaftsbetriebe., 221 
vorliegen, daß das öffentliche Interesse eine kommunalwirtschaftliche 
Tätigkeit erfordert, läßt sich nur nach den einzelnen Umständen 
beurteilen. 
Gibt vorstehende Darstellung etwa die Verhältnisse wieder, wie 
sie sich schon vor dem Weltkriege herausgebildet hatten, so ergab die 
Kriegs- und Nachkriegszeit für das Kommunalisierungs- 
problem außerordentlich bedeutsame neue Momente. Der Krieg, vor 
allem, als die Blockade einsetzte, kehrte so ziemlich für den ganzen 
Bereich des Bedarfs des täglichen Lebens, in erster Linie für Nahrungs- 
mittel und Kleidung, das Verhältnis zu Ware und Bedarf durchaus um. 
Bildete im Frieden der Bedarf stets den Regulator für Warenerzeugnis 
und Preis, so war die Folge der Blockade, daß die Warenmenge nicht 
mehr ausreichte, um die Gesamtheit normal zu versorgen, Die Grund- 
lage, auf der die freie Wirtschaft in der Lage ist, trotz ihrer eigenen 
naturnotwendigen Einstellung auf den Gewinnzweck zugleich, sozusagen 
ungewollt, die Interessen der konsumierenden Bevölkerung auf dem 
zweckmäßigsten und billigsten Wege zu befriedigen, war damit weg- 
gefallen, und wie wir es aus früheren Hungersnotzeiten und von Burg- 
und Stadtbelagerungen her lesen, mußte in gleicher Weise, nur in gigan- 
tischem Ausmaß, die öffentliche Rationierung, Beaufsichtigung und Ver- 
waltung der ganzen Warenbestände, kurz, eine Sozialisierung 
der gesamten Wirtschaft an die Stelle der freien Privat- 
wirtschaft treten, Es fing an beim Getreide und Mehl und Futter- 
mitteln und ging weiter zu Fleisch, Fett, Milch, Fischen, Eiern, Kar- 
toffeln, Kleidern, Schuhen, Kohlen usw., und die eigentlichen Träger 
der Ausführung dieser gewaltigen Aufgabe waren wieder die Ge- 
meinden, Die Aufgabe, die ihnen über Nacht in den Schoß fiel, war um 
so schwerer zu bewältigen, als es sich nicht bloß darum handelte, 
bestimmte Warenmengen, die ihnen zugewiesen waren, rein mechanisch 
nach Eingang zu verteilen, sondern die Gemeinde, die nicht in schwerste 
Bedrückung kommen wollte, mußte wie ein gewiegter Kaufmann auf 
lange Sicht disponieren, beizeiten große Warenvorräte auf Lager 
nehmen, und dabei durch Erfahrung lernen, daß die Behandlung 
besonders der organischen Ware auf dem Lager oft schwierige Aufgaben 
stellte, auch die Kunst kaufmännischer Kalkulation mußte die Gemeinde 
lernen. Vor allem aber zwang die Not der Zeit die Gemeinden darüber 
hinaus, immer neue Spezialbetriebe in den Kreis ihrer Tätigkeit zu 
ziehen, große Massenspeisungsküchen, Brotherstellung, große 
Fleischerei- und Wurstereibetriebe, Kleiderflickereien, Schuh- 
machereien u. dgl. einzurichten, so daß die Gemeinden schließlich 
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