Full text: Forstwirtschafts-Politik

Standort der Holzindustrie i. w. S. * L 
seinen großen Zuflüssen angesiedelt, von wo aus sie ihre Fabrikate in Seeschiffen direkt 
ins Ausland, nach Frankreich, Deutschland und England verfrachten. Unsere Hauptsäge- 
werke liegen im Osten Deutschlands, an Weichsel, Memel, Oder, auf denen das aus den 
östlichen Randstaaten kommende Rundholz herangebracht wird. Im Westen Deutschlands 
liegen die großen Sägewerke an der Elbe, der Weser und am Rhein und seinen größeren 
Zuflüssen, wie Main, Neckar, Mosel. Im Schwarzwald gehen sie bis in die höchsten 
Gebirgstäler hinauf, haben also hier noch eine ausgesprochene Rohstofforientierung. Als 
nach dem Kriege, besonders in der Inflationszeit, der Holzzustrom aus Rußland unterbunden 
wurde, kamen viele der namentlich während des Weltkrieges zu Zwecken der Frontholz- 
versorgung gegründeten Sägewerke in eine äußerst prekäre Lage und gingen infolge 
Auftrags- und Rohstoffmangel in der Mehrzahl ein. Ein Beweis dafür, daß wir in 
Deutschland zuviel Sägewerke hatten. 
Standort der Holzverarbeitungsinduftrie. 
Die Holzverarbeitungs- oder Holzveredlungsindustrie ist in der Hauptsache arbeits- 
orientiert, daneben aber auch konsumorientiert. Der Hauptsitß der holzverarbeitenden 
Industrie ist Groß-Berlin, d. h. Berlin und seine Umgebung. Eine große Zahl fachkundiger 
Arbeiter ermöglicht hier die Aufmachung großer Holzindustriewerke, und ein ausgebautes 
Kanalnetz und die Benutzung natürlicher Wasserläufe erleichtert die Verfrachtung. 
Eine wissenschaftliche Bearbeitung des Standortes der gesamten holzverarbeitenden 
Industrie existiert zur Zeit noch nicht. In dem zweiten Teil des obengenannten Alf r e d 
Weber schen Werkes über den Standort der Industrien „Di e deut \s< e In dustrie 
se it 1 8 6 0“ ist jedoch als Heft 4 eine Darsstellung des St and orte s d er Mu s ik - 
instrumenten-In dustr i e von Dr. Wilhelm Haenger ) erschienen, der wir 
folgendes entnehmen. Die Entstehung der heutigen Zentren der ~ ab- 
gesehen von der Streich- und Blasinstrumentenfabrikation ~ noch ziemlich jungen Mu s ik - 
instrumenten-Industrie läßt sich nicht einheitlich erklären. Für die Entstehung 
dieser Zentren waren reine Zufälligkeiten, Persönlichkeits- und Kunstfragen bestimmend. 
So hat sich eine Klavierindustrie nur dort entwickelt, „wo schon etwa um die Mitte des 
abgelaufenen Jahrhunderts ein Klaviermacher sich niedergelassen hatte und mit seiner 
Fabrikation erfolgreich war. Natürlich entwickelten sich die Betriebe in den Großstädten, 
wo allein der lokale Absatz nach und nach ein gewaltiger wurde, wo also die Industrie 
konsumorientiert war, am schnellsten, so in Berlin, Hamburg, Leipzig usw. Für die 
Entstehung der Klavierindustrie in Berlin, Leipzig, Dresden und den anderen großen 
Zentren kommen nur musikalische Fragen in Betracht, denn diese Orte waren von jeher 
musikalische Zentren mit angesehenen Musikinstituten. Hier konnten die Klavierbauer in 
erster Linie Absatz für ihre Fabrikate erhoffen“. Erst bei der späteren Entwicklung machte 
sich der entscheidende Einfluß der billig en Arbeits plä t e mit ortseingesessenen 
geschulten Arbeitskräften und der g ünstig en Tr ans portl age geltend. „Auf- 
fallende Standortsversch iebung en haben aber nicht stattgefunden, die 
historischen Standorte blieben gewahrt, nur daß eben d i e Plätze, bei denen keiner der in 
Frage kommenden Faktoren ausschlaggebend sein konnte, ganz verschwunden oder zur 
1) Tübingen 1919.
	        
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