quelle der großen kapitalistischen Organisationen, ist den betei-
ligten Kreisen überaus klar, Leider der Arbeiterschaft nicht in
demselben Maße. Mit erfreulicher Deutlichkeit hat der deutsche
Reichsbankpräsident Schacht schon im Jahre 1926 in einem
Vortrag in der Deutschen Kolonialgesellschaft die wahren Zu-
sammenhänge und die Möglichkeiten einer kolonialen Betäti-
gung für Deutschland enthüllt. Schacht will nämlich zu dem
System der sogenannten „Chartered Companies“ zurück-
kommen, das heißt zu den privilegierten privaten Unterneh-
mungsgesellschaften. Er gab der Überzeugung Ausdruck, daß
sich genügend Privatkapital zur Gründung einer solchen Ge-
sellschaft finden würde, wenn ihr ein entsprechender Nutzen an
einem solchen Unternehmen garantiert würde. Diese Tatsache
ist interessant genug. Sonst hören wir immer nur von, der
Kapitalknappheit in Deutschland, aber wenn es sich um impe-
rialistische Experimente handelt, ist plötzlich Kapital vorhan-
den. Damit ist bereits deutlich der Weg gekennzeichnet, den
eine etwaige neue deutsche Kolonialpolitik gehen würde. Be-
stätigt wurde dieser Plan schließlich im vorigen Jahre, als nie-
mand anders als das Präsidialmitglied des Reichsverbandes der
Deutschen Industrie, Geheimrat Kastl, als Vertreter der deut-
schen Regierung in der Mandatkommission des Völkerbundes
ausersehen wurde, Die Arbeiterschaft darf mit diesen Plänen
nichts gemein haben!
Sie wird sich zu wehren haben gegen eine Kolonialpropa-
ganda, die gerade in der letzten Zeit erhöhten Umfang an-
genommen hat. Kolonialgesellschaften schießen wie Pilze aus
der Erde, halten Tagungen und Kongresse ab, fassen Resolu-
tionen und veranstalten Ausstellungen. Keine Gelegenheit, die
zur Kolonialpropaganda brauchbar erscheint, wird ausgelassen:
selbst der „Pressa“ mußte nötig eine „koloniale Sonderschau“
beigegeben werden. Dabei wird natürlich immer wieder betont,
daß die Rückeroberung der deutschen Kolonien beileibe nicht
im Interesse des Kapitals, sondern in dem des ganzen „Volks“,
also auch der Arbeiterschaft läge. Wir wollen ganz kurz nur
feststellen, daß alles, was allgemein zur Kolonialfrage gesagt
wurde, in besonderem Maße auch auf Deutschland zutrifft.
Zunächst das Argument: Kolonien als Rohstoff- und Absatz-
gebiete. Die deutsche Außenhandelsbilanz aus dem Jahre 1913
weist folgendes auf: von einer Gesamteinfuhr von 11,6 Milliarden
betrug die Einfuhr aus den Kolonien 57 Millionen, der Anteil
der Ausfuhr nach den Kolonien betrug 53,2 Millionen bei einer
Gesamtausfuhr von 10,8 Milliarden. Damit machte der Handel
mit den Kolonien etwa 1%.% des gesamten deutschen Außen-
handels aus. Von den Rohstoffen, auf deren Einfuhr Deutsch-
land in erster Linie angewiesen war und ist, Eisenerz. Kupfer,
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