Full text: Theoretische Sozialökonomie

$ 40. Die Anfänge des Geldwesens. 87 
Die Rechnungsskala kann also sowohl für den Tausch wie für die 
einseitigen Leistungen eine wichtige Rolle spielen, ohne daß deswegen 
die Standardgüter selbst zu materieller Anwendung zu kommen 
brauchen. 
Wenn ein Volk seine Produkte in einem Lande verkauft, wo es 
keine Ware, die es braucht, als Zahlung bekommen kann, so hat das 
betreffende Land vielleicht doch ein Produkt als Gegenwert zu liefern, 
onach in einem dritten Lande Nachfrage besteht. Dann wird dieses 
Produkt als Zahlung genommen und im dritten Lande ausgetauscht, 
ijelleicht jetzt gegen eine Ware, die das erstgenannte Volk hoch 
schätzt. Dieses Volk ist dann durch einen indirekten Tausch, 
also durch Erwerb einer Ware, die ihm nur als Tauschmittel dient, 
in den Besitz der von ihm wirklich begehrten Ware gelangt. Der be- 
schriebene Umweg ist offenbar der einzig mögliche Weg zum Ziel, 
wenn im dritten Lande die Produkte des erstgenannten Volkes über- 
haupt nicht verlangt werden, oder die Nachfrage nach ihnen so schwach 
ist, daß der Verkäufer keinen Vorteil durch einen direkten Tausch 
gewinnen würde, Der indirekte Tausch muß also die Tauschmöglich- 
keiten stark vermehren und somit den Tauschverkehr in hohem Grade 
befördern. 
Obwohl der indirekte Tausch von diesem Gesichtspunkt eine 
außerordentlich große Bedeutung hat, wäre es jedoch unrichtig, den 
indirekten Tausch und den Gebrauch von Tauschmitteln an und für sich 
als Anfänge eines Geldwesens aufzufassen. Ein wirkliches Element des 
eldwesens bildet erst das allgemeine Tauschmittel, d. h. das Gut, 
das von allen Tauschenden als Tauschmittel benutzt wird und des- 
egen regelmäßig als Gegenwert gegen andere Güter genommen wird. 
Allgemeine Tauschmittel scheinen im Zusammenhang mit der Ent- 
icklung der Preisrechnung allmählich in Gebrauch gekommen zu 
sein, Sicher ist, daß die Einführung allgemeiner Tauschmittel nie 
der Preisrechnung vorangegangen sein kann, weil eben der Gebrauch 
eines allgemeinen Tauschmittels eine Preisrechnung in diesem Tausch- 
ittel voraussetzt, sofern nicht eine andere Preisrechnung schon be- 
teht. Die allgemeinen Tauschmittel brauchen keineswegs notwendig 
mit den Standardgütern, die der Preisrechnung zugrunde liegen, iden- 
tisch zu sein. Das Bedürfnis nach einem als Einheit der Preisschätzungen 
dienenden Standardgut und das Bedürfnis nach einem allgemeinen 
auschmittel sind zwei verschiedene Bedürfnisse des Wirtschaftslebens, 
die auch mit verschiedenen Mitteln befriedigt werden können. Die An- 
sprüche, die an ein allgemeines Tauschmittel gestellt werden, sind auch 
teilweise andere als die Ansprüche an ein Standardgut. Wenn sich 
ein Gut spontan zu einem allgemeinen Tauschmittel entwickeln soll, 
uß es natürlich an sich Gegenstand einer allgemeinen Nachfrage 
ein. Nachdem das Gut schon allgemeines Tauschmittel geworden und 
SS
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.