Städtische Kreditformen.
B. Die Formen des öffentlichen Kredites.
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$ 4. Städtische Kreditformen.
Entsprechend der frühzeitigen Sprengung der feudalen und naturalwirtschaftlichen
Bindungen wurden eigene, d. h. von denjenigen privater Schuldverhältnisse verschiedene
Formen des öffentlichen Kredites zuerst in der Finanzwirtschaft der mittelalterlichen
Städte gebildet, und die spätere Umbildung der privaten Fürstenschuld zur öffentlichen
Staatsschuld besteht zu einem guten Teile in der Uebernahme, Anpassung und Ab-
wandlung der vorbildgewordenen Formen des städtischen Kredites.
ı1..Die Anfänge des städtischen Kredites sind überall durch
die Häufigkeit gekennzeichnet, mit welcher von dem Mittel der Zwangsanleihe Gebrauch
gemacht wird. In Italien wie nördlich der Alpen gilt die Pflicht zur Gewährung häufig
unverzinslicher Darlehen an die Stadt gleich der Steuerpflicht als Ausfluß des Bürger-
rechtes. Die Rückzahlung wird immer versprochen, das Geld wird geliehen „in der Hoff-
nung und Meinung es von der Kommune zurückzuerhalten‘‘, aber dieses Rückzahlungs-
versprechen ist häufig weniger wertvoll als die gelegentliche, so z. B. Florenz 1288,
„Steuerfundierung‘“ der Anleihen durch die Bestimmung, daß die Quittungen (Polizze)
der Zwangsanleihe bei Steuerzahlungen an Geldesstatt genommen werden sollen, oder
gar die Ausstattung der Anleihenstitel (so der cartae debiti von Como 1250) mit der
Eigenschaft, als Schuldentilgungsmittel zwischen Privaten verwendet werden zu kön-
nen. Der durch ein Zwangsanleihen aufzubringende Betrag wurde meist auf die Ge-
samtheit der Steuerpflichtigen nach Maßgabe der Steuerbemessungsgrundlagen der
direkten Steuern umgelegt, in Florenz z. B. nach dem estimo, aber nicht selten sind die
Fälle, in welchen diese Leistungen nur den Reicheren unter der Bürgerschaft, oder gar
nur einzelnen Personen, Verbänden (‚„‚Universitäten‘, meist den wohlhabenden Zünf-
ten) oder kaufmännischen Sozietäten auferlegt werden. Auch kommen Verbindungen
freiwilliger mit Zwangsanleihen vor, so z. B. 1336 in Florenz, wo von einer Anleihe im
Gesamtbetrage von 100000 Goldfl. die großen Handelsfirmen freiwillig ein Drittel
übernahmen und zwei Drittel von den sonstigen Reichen der Stadt gezeichnet
werden mußten. In Fällen solcher Belastung von nur einzelnen Bürgern, Firmen oder
Verbänden waren die Zwangsanleihen fast immer verzinslich und gelegentlich durch
wertvolle Pfänder gesichert. Kaum erläßlich waren solche Sicherungen bei Inanspruch-
nahme von Krediten in größeren Beträgen bei Stadtfremden. Sie wurden, genau gleicher-
maßen wie Sicherungen seitens der Fürsten (vgl. nachstehend S. 493), geleistet durch
Verpfändung von Gebietsteilen oder Hoheitsrechten, in der Regel mit sofortiger Ueber-
gabe des Pfandobjektes an die Gläubiger, die sich aus dem Pfandgenuß für die Zinsen
schadlos halten sollten, häufig, wenn die Schuld nach Ablauf der vereinbarten Ver-
pfändungsfrist erlöschen und das Pfand alsdann an die Stadt zurückfallen sollte (Tod-
satzung), auch für das Kapital. Diese roheste Art der Fundierung ist nicht etwa bloß
in den Anfängen der städtischen Kreditorganisation üblich, sondern kommt auch nach
starker Entfaltung der Geldwirtschaft bis ins ausgehende 14. Jh. vor; wie in Italien
Genua im 12. Jh. Burgen und Schlösser, Florenz im 13. Jh. die Erträge der Zölle und
des Salzmonopols verpfändet, um Geld für längere Zeit geborgt zu erhalten, so sind
deutsche Städte gelegentlich noch in den 80er Jahren des 14. Jhs. gezwungen, wichtige
Stücke des städtischen Territoriums und erhebliche Einkünfte zu Pfand zu bestellen
und den Gläubigern sofort zu übertragen. Ueberall ist aber die Kreditpolitik der Städte
durch die Tendenz bestimmt, an Stelle solcher pfandgesicherter, zu festgesetzten Ter-
minen oder nach Kündigung rückzahlbarer Anleihen (‚‚Leihgeld‘“ oder „rechte Schuld“
genannt, in französischen Städten schwerfällig „dette courante‘“ oder gar „dette de
moeble‘‘) moderne, spezifisch städtische Schuldformen treten zu lassen. Dies erfolgt
gelegentlich durch einseitige Aufhebung der Rückzahlungspflicht, Zwangskonversion
von Kapitalschulden in Rentenverpflichtungen; sobald der Verkauf städtischer Renten
möglich ist, wird dieses Mittel auch zur Ablösung von älteren schwebenden Schulden
benützt.