Full text: Ansprachen und Vorträge

Bauten aus Hamburg, z. B. das Chile-Haus, zeigen, das auch 
eine Leistung eines Mitgliedes des Werkbundes ist, auf die wir 
Hamburger stolz sind. Und gerade in diesen Bildern werden Sie 
das starke Empfinden haben, daß diese architektonischen Leistungen 
nur denkbar sind durch die Vorarbeit, die der deutsche Schiffbau 
geleistet hat. Es ist ohne Zweifel so, daß da, wo der Techniker 
allein maßgebend ist, wo er allein das Wort führt, oft Bilder 
von einer Schönheit entstanden sind, die erst uns Heutigen ganz 
klar geworden ist, und es ist zum Heulen, wenn dann der Innen— 
architekt kommt und diese wunderbare Schönheit verkleistert und 
uns glauben machen will, daß das Schiff ein Vergnügungslokal 
sei oder ein Bierrestaurant oder ein pompejanisches Schwimm— 
bad oder eine holländische Rauchstube Geifall). Es fehlte ja tat— 
sächlich nur noch, daß bei jdedem Ortswechsel an Bord die Damen 
ihre Kostüme wechselten, um die Maskerade vollzählig zu machen 
GHeiterkeit). Das sind Dinge, die der Deutsche Werkbund seit 
langem ausgesprochen hat. Ich denke auch nicht daran, in diesem 
Kreise diese Dinge breittreten zu wollen; aber es muß doch ein— 
mal mit Nachdruck gefordert werden, da die Formgestaltung der 
Inneneinrichtung des Schiffes von der allergrößten kommerziellen 
Bedeutung ist. Es kann und darf nicht sein, daß irgendein In— 
spektor oder Oberinspektor, der einen Kunstatlas zu Hause hat, 
darüber richtet, ob der eine Saal in Louis Quinze und der andere 
in Louis Seize eingerichtet wird. Es muß das Schiff als Einheit 
betrachtet werden, und ich beneide die Bremer darum, daß sie es 
möglich gemacht haben, ihr schnellstes und größtes Schiff, den 
„Columbus“, den Sie ja in den nächsten Tagen Gelegenheit 
haben werden zu besichtigen, von e i nem Manne entwerfen zu 
lassen. Es geht nicht an, daß der Durchschnitt durch ein Schiff 
aussieht wie der Durchschnitt durch ein modernes Etagenhaus, 
wo Geschmack und Geschmacklosigkeit, Kunst und Unkunst, Kultur 
und Kulturlosigkeit in vier Stockwerken durcheinander aufgestellt 
sind. Es kommt darauf an, das Schiff unter einen einzigen Bau— 
willen zu stellen, und das ist in erster Linie der Bauwille des 
Bauherrn, des Reeders. Und es ist nicht zu bezweifeln, daß 
sowohl beim Bauherrn wie beim Exporteur der Wille gestärkt 
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