; Vergesellschaftung und Gesellschaft. 287
Bereit- Widerwilligkeits-Anträge“, entweder „Handlungs-An-
träge“ oder „Unterlassungs-Anträge“, entweder „iImmanent ge-
richtete Anträge“ oder „transzendent gerichtete Anträge“,
entweder „urteilhafte Anträge“ oder „lügenhafte Anträge“, ent-
weder „Anträge auf einmaliges Verhalten“ oder „Anträge auf
mehrmaliges Verhalten“ sein.
Wie sich aus dem Gesagten ergibt, ist ein „Verhalten-Werbung-
Seelenaugenblick“ entweder ein „Ansprucherhebungs-Seelen-
augenblick“ oder ein „Antragstellungs-Seelenaugenblick“.
„Verhalten-Werbung-Entsprechung-Seelenaugenblick“ oder
kurz „Entsprechung-Seelenaugenblick“ nennen wir hingegen jeden
Verhalten-Seelenaugenblick, in welchem jemand weiß, daß ihm jenes
Verhalten zugehört, um welches in einer an ihn gerichteten Verhalten-
Werbung geworben wurde. Das „um Verhalten werben“ ist also
entweder ein „Anspruch erheben“ oder ein „Antrag stellen“, das
„einer Verhalten-Werbung entsprechen“ ist also entweder ein
„Anspruch erfüllen“ oder ein „Antrag annehmen“. Wird nun
einer Verhalten-Werbung entsprochen, so sagen wir, daß jene Verhalten-
Werbung „gilt“, daß sie „gültig“ ist, daß „Geltung“ jener Verhalten-
Werbung vorliegt. Bekannt ist die reiche, sich mannigfach wendende
Geschichte der Bedeutungen, in welchen das Wort „gelten“ gebraucht
wurde und gebraucht wird. Ursprünglich wurde mit diesem Worte
besonderes Leisten, und zwar offenbar „Anspruch erfüllendes Leisten“
bezeichnet, nämlich „zahlen“, „zurückzahlen“, „entschädigen“ u. dgl.
Auch heute noch ist „Vergelten“ ein Leistenswort, jedoch wird im
heutigen Sprachgebrauche das Wort „gelten“ nicht vom Anspruch-
erfüller, sondern vom Anspruche (und vom Antrage) ausgesagt,
da man sagt, daß ein Anspruch „gilt“, „gültig“, „geltend“ ist. Zu dieser
Bedeutung ist das Wort „gelten“ offenbar gekommen, indem zunächst
die Wirkung eines Anspruches, nämlich seine „Geltung“ (= „Anspruch-
erfüllung“), „als seine Geltung“ (= „Wirkung“) und dann als „gültiger
Anspruch“ jener Anspruch bezeichnet wurde, der die wirkende Be-
dingung für eine „Geltung“ (= „Ansprucherfüllung“) abgibt, so daß
Man schließlich statt „gültiger Anspruch“ („Anspruch als wirkende Be-
dingung eines Geltens“) auch „geltender“ Anspruch und nicht
Mehr „geltender“ (= „Anspruch erfüllender“) Anspruchadressat
Sagte, Überdies hat sich aber auch der Sprachgebrauch eingebürgert,
von „Behauptungen“, die nicht „Ansprüche“ sind, zu sagen, daß sie
„Zültig sind“, „gelten“, „Geltung haben“. Diesen Sprachgebrauch finden
wir nicht nur in philosophischen Lehren, sondern auch in der Gemein-
Sprache, da man z. B. sagt: „Er gilt als bester Schachspieler Deutsch-
lands“, „Er gilt als verloren“ usw. usw. In allen diesen Fällen wird
offenbar gemeint. daß besondere Behauptungen bedeutungsgemäßen