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Dieses Auseinanderbrechen läßt sich verfolgen im Geistigen ebenso
wie im Politischen und Gesellschaftlichen.
Im Geistigen bedeutet es die Verselbständigung der einzelnen Ge-
biete der Kultur: Staat, Wirtschaft, Kunst usw. In der bildenden
Kunst beispielsweise beginnt — sehr langsam, eigentlich erst nach
Michelangelo — das l’art-pour-l’art-Prinzip sich durchzusetzen, wäh-
rend doch vorher alle Kunst selbstverständlich nur Dienst am Ideal
gewesen war. Und damit fängt das Formelle an, den Inhalt zu über-
wuchern: es kommt nur noch darauf an, wie gemalt, nicht was
gemalt wird. Diese Tendenz aber wird die allgemeine auf allen Ge-
bieten der Kultur. Es beginnt, wie man es nennen kann, die all-
gemeine Technifizierung der Welt: das Zeitalter der Mittel, dessen
Höhepunkt wir heute erst erleben, bricht an, der Mittel, die ohne Sinn
verwandt werden und deren reiche und kunstvolle Verwendung
schließlich unmerklich zum Zwecke wird.
Im Politischen lockert sich das feste Gefüge der politischen Stände,
das der Feudalismus dargestellt hatte: mit Gott als dem obersten
Lehnsherrn an der Spitze. Es entwickelt sich die städtische Demo-
kratie mit ihrem Interessenstandpunkt, ihren Parteiführern, und als
Gegenstück dazu die traditionslose Tyrannis: der „rationale“ Staat
beginnt sein Dasein.
Auch im Gesellschaftlichen schwindet die hierarchische Standes-
gliederung: der Interessenverband tritt an die Stelle der Berufs-
gemeinschaft. Das Fürsichleben der einzelnen Berufsstände mit ihren
einzelnen Standessitten, ihrer Standesehre hört auf. In Italien fängt
schon im Spätmittelalter die „Gleichheit“ der einzelnen vor Tyrannis
und Demokratie an, sich durchzusetzen: eine „allgemeine Gesell-
schaft‘“ entsteht, begünstigt durch das Zusammenleben von Adel und
Bürgertum in den Städten. Der einzelne, vor allem der starke ein-
zelne als solcher bekommt Wert. Der „moderne Ruhm“ entsteht
(Jak. Burckhardt), der sich an den Einzelnamen als solchen
knüpft, während ehedem der einzelne nur als Vertreter einer Ge-
meinschaft: Geschlecht, Beruf, Kirche, Kloster, gegolten hatte: man
wurde geehrt, weil man der „Sache“ (Idee!) gedient hatte: Anonymi-
tät der mittelalterlichen Künstler! Nun will der einzelne nicht mehr
durch Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, sondern für sich be-