Zollpolitischer Protektionismus
Credito Industrial, Garantie einer bestimmten Verzinsung, Unter-
stützung bei der Ausfuhr, Steuervergünstigungen, insbesondere bei
der Gründung neuer Gesellschaften, Befreiung von allen direkten
Steuern bis zu 50% des zu erhebenden Betrages, Hinwirken des
Staates auf Ermäßigung kommunaler Steuern, Wiedervergütung
von Frachtkosten, falls diese die Ausfuhr von Exportwaren behin-
dern usw. Man erkennt, daß es sich auch hier um ein „Programm“
handelt, wie es nur allzu deutlich an die merkantilistischen Vor-
bilder des 17. und 18. Jahrhunderts erinnert. Das ganze Dekret ist
ein typisches Beispiel für die Anwendung nicht ausschließlich han-
delspolitischer Mittel zur Erzielung protektionistischer Wirkungen.
Da jedoch immerhin alle derartigen Maßnahmen (als solche kön-
nen noch ergänzenderweise besonders hohe Hafenabgaben, Flag-
genzölle und Begünstigung der heimischen Schiffahrt — eine Maß-
nahme, die aber nicht nur schiffahrtspolitisch, sondern auch vom
Standpunkt der kolonialen Selbstversorgung bedeutsam ist —74)
genannt werden) in einer Zeit nicht mehr zurückzudrängenden welt-
wirtschaftlichen Austausches an den Widerstand der geschädigten
Staaten stoßen und sehr geeignet sind, schwere handelspolitische
und damit eventuell außenpolitische Komplikationen zu schaffen,
so wird vermutlich in kommenden Jahren vieles, was unter den
Verhältnissen der Nachkriegszeit an protektionistischen Besonder-
heiten geschaffen worden ist, wieder verschwinden. Dagegen ist
es sehr fraglich, ob dem „Abbau“ dieses Protektionismus nicht eine
entsprechende Steigerung des handelspolitischen Protektionismus
gegenübergestellt werden wird, eine Tendenz, die wir selbst im
Augenblick erleben. Denn es ist ohne weiteres klar, daß heimische
Industriezweige, die sich jahrelang unter dem Schutz von Einfuhr-
verboten oder durch Lizenzen erschwerte Einfuhrmöglichkeit ge-
schützt sahen, den Fortfall solcher Annehmlichkeit durch eine Er-
höhung wenigstens der Zolltarifpositionen auszugleichen trachten.
Es ist daher heute schon wieder die Richtung der Zoll- und Tarif-
politik als der eigentliche Kernpunkt der protektionistischen Be-
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74) Beispiel: Frankreich gestattet durch ein Gesetz vom 18. März
1923 die zollfreie Einfuhr gewisser marokkanischer Waren nach Frank-
reich und Algier, wenn verfrachtet in Schiffen, welche die französische
Oder marokkanische Flagge führen.