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Das „Beispiel“ Amerikas
b) DIE ENTWICKLUNG DER PROTEKTIONISCHEN ZOLLPOLITIK
Unzweifelhaft ist die bedeutsamste Tatsache der internationalen
Handelspolitik nach dem Kriege darin zu erblicken, daß die Ver-
einigten Staaten von Amerika zu einer Erweiterung ihrer Schutz-
zollpolitik übergingen. Ähnlich wie im umgekehrten Falle zu Mitte
des 19. Jahrhunderts der Übergang des mächtigsten Industrie- und
Handelslandes jener Zeit zum Freihandel, Englands im Jahre 1846,
die gesamte europäische Handelspolitik in ihren Tendenzen mitriß,
kann man von der verstärkten Schutzzollpolitik Amerikas nach dem
Weltkriege sagen, daß sie ohne weiteres die Richtung anderer Län-
der in dieser Frage mitbestimmte. Denn gerade der amerikanische
Markt war es gewesen, auf den die exporthungrige europäische
Wirtschaftspolitik rechnete und vom Standpunkte schutzzöllneri-
scher Agitation war es natürlich durchaus plausibel, wenn man
argumentierte, daß man verarmenden Ländern nicht versagen dürfe,
was selbst der im Kriege reich gewordene amerikanische Staat
seiner Industrie nicht zu versagen wage. Die Vereinigten Staaten
aber, die vom Standpunkt ihrer während des Krieges so völlig ver-
änderten, ausgezeichneten Zahlungsbilanz 7°) eine Aktivhaltung ihrer
Handelsbilanz nicht „nötig“ gehabt hätten, konnten sich von dem Ge-
danken der Zweckmäßigkeit eines großen Ausfuhrüberschusses nicht
lossagen. Da andererseits Europa sich anschickte — ganz besonders
als viele Währungen sich gegenüber dem Dollar verschlechterten —
einen großen Export nach den Vereinigten Staaten zu entfalten, so
konnte man bei der gleichzeitigen Verarmung vieler europäischer
Gebiete und der damit verringerten Kaufkraft gegenüber der Union
dieses Ziel nur erreichen, wenn man noch weniger einführte als
ausführte, also die Zollschraube fester zog. Der Fordney-Ma Cum-
ber-Tarif vom Jahre 1922 ist durchaus „hoch“schutzzöllnerisch. Die
Zölle sind höher bemessen als unter dem letzten republikanischen
Zolltarif, dem Payne-Aldrich-Tarif von 1909, der bis 1913 in Kraft
war, von früheren demokratischen Tarifen ganz zu schweigen. Er
enthält mit nicht weniger als 1460 Positionen zirka doppelt soviel
Positionen wie der letzte Friedenstarif, von den weitgehenden Dum-
76) Vgl. Levy a. a. O0. (Amerikas Wirtschaft unter dem Einfluß des
Goldreichtums) S. 293-—294,