Der Vertrag sah ferner vor, daß Ras Kassa keinen Protest
erheben sollte, wenn Ras Taffari sich selbst zum Negus
krönen würde. So wurde diese Angelegenheit beigelegt,
und einen Monat später fand die Krönung Ras Taffaris
statt. Dieses Ereignis lag kaum zwei Monate zurück, als ich
meine Hoffnung, ein militärisches Schauspiel zu erleben,
zum Ausdruck brachte, woraus zu ersehen ist, daß Ras Taf—⸗
fari sich gut beherrschte, wenn er nicht den Kragen seines
Capes aufhob.
Von politischen Dingen nationalen oder internationalen
Charakters war dann nicht mehr die Rede. Wir sprachen
vom Essen, von häuslichen Angelegenheiten und über Er—
ziehungsfragen. Der Negus bemerkte, daß er einen Küchen⸗
chef aus Paris mitgebracht habe, da er die französische Küche
der abessinischen vorzöge. Er bedauerte, daß der Aufent—
halt seiner Gemahlin in der Klinik deren Anwesenheit beim
Diner verhindere. Er sprach dann von der Erziehung
seines Sohnes, der zur Zeit bei Mister Russell von der
amerikanischen presbyterianischen Mission Englisch studiere
und später eine englische Universität besuchen wolle. Die
Rede kam dann auf das Überhandnehmen von Ehescheidun—
gen in Amerika. Ich fragte Ras Taffari, ob Scheidungen
auch in seinem Lande häufig vorkämen. „Nur die Reichen
können sich eine Scheidung leisten“, antwortete er. Ich
erfuhr, daß es ein Luxus war, den er sich selbst nicht versagt
hatte.
Dann wurden Kaffee und Liköre im Thronsaal gereicht.
Danach verdunkelte man den Raum, und die große Halle
verwandelte sich in ein Kinotheater. Mit Hilfe des Vor—
führungsapparates wurde uns ein Teil von Ras Taffaris
Reich nahegebracht: Berge und Täler, Flüsse und Ort—
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