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in Form eines Passircertificates ausgestellt hatte, erst dann
konnten wir unsere Importe in Verkehr bringen. Man unter
warf dieselben also nicht blos der allgemeinen marktpolizei
lichen Aufsicht im Innern des Landes, sondern man erfreute
die Waarenbesitzer noch mit einer Specialcontrole, die bei
ihrem dilatorischen Charakter sehr oft das Verderben der
Waaren, also ihr Unbrauchbarwerden bewirkte; damit war
dann aber auch die Absicht Rumäniens verwirklicht.
Gewiss, das ist die leichteste, einfachste Art, Protectio
nismus gegenüber der heimischen Production zu üben, wenn
die bestehenden Vertragsbestimmungen nur theilweise befolgt
und den Importen des fremden Staates vertragswidrige höhere
Lasten auferlegt werden! Fides Romana — lides Púnica!
So ist es der Österreichischen Gemüthlichkeit und der
leidigen Verquickung politischer Rücksichten mit denen der
Volkswirtschaft zuzuschreiben, dass Oesterreich-Ungarn nie
die gebührende Actionsfreiheit und Energie hatte, um die
rumänischen Uebergriffe zurückzuweisen.
Mit Absicht verweilten wir länger bei der Betrachtung
des bisherigen Vorgehens Rumäniens uns gegenüber. Denn
es ist von Werth, den Charakter der Zollgebahrung des
Staates zu kennen, mit dem wir einen neuen Zollvertrag
einzugehen willens sind.
Rumänien war eben trotz der unsererseits gewährten
grossen Vortheile noch immer unzufrieden mit diesem Ver
trage, seinem ersten, den es als junger, selbstständiger Staat
abgeschlossen hatte. Rumänien wollte je eher, je lieber Gross
macht auf volkswirthschaftlichem wie auf politischem Ge
biete sein, und da dies nicht so leicht und rasch zu erreichen
war, so spielte es die Grossmacht.
Rumäniens Vorgehen wird uns um so tadelnswerther
erscheinen, wenn wir auch nur oberflächlichen Einblick
in die Lage seines Aussenhandels vor und während des
bis jetzt gütigen Handelsvertrages nehmen. Rumänien
exportirte an Waaren bis 1876 (durchschnittlich pro
Jahr) einen Werth von 159 Millionen Fres., ab 1878