Full text: Die Alters- und Invaliden-Versicherung

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bei Einigen schon im 50., bei sehr Wenigen erst im 60., aber bei der 
größten Mehrzahl im 56. Lebensjahre, — indessen kann doch ein 
Wohlthätigkcits-Gesetz für Arbeiter den Altersanfang nicht nach der 
Minderzahl, sondern mir nach der Mehrzahl, also auf das 56. Jahr 
feststellen, zumal die kleine Zahl, welche vom 56. Jahre aufwärts noch 
kurze Zeit die volle Arbeitskraft besitzt, durch die zu früh empfangene 
Unterstützung nicht in die Lage versetzt wird, die Hände in den Schoß 
zu legen, denn nach Abschnitt 6 soll die Altersrente nur 30 Pfennige 
pro Tag betragen und eine solche Rente macht die Arbeit doch nicht 
entbehrlich. Leichter wäre es zu rechtfertigen, wenn man wegen der 
finanziellen Vorteile bei der Wahl zwischen dem 56. und 58sten 
Jahre hin und her schwankte, denn wenn das 56. Jahr gewählt wird, 
so bringen die Beiträge der 13 370 000 Arbeiter und ihrer Arbeitgeber 
(bei 4 Mark jährlich) nach dem 8. Abschnitt 63 588 534 Mark jährlich 
auf, — wenn aber das 58. Jahr gewählt wird, so bringen sie jährlich 
2448372 Mark mehr auf. Geldinteresscn können jedoch nicht zu dem 
Beschluß verleiten, die bei der Mehrzahl mit dem 56. Jahre natur 
gemäß beginnende Altersschwäche durch ein Gesetz auf das 58. Jahr 
zu verschieben, denn dadurch würde der Zweck des Gesetzes zum 
Teil verfehlt, insofern rund eine halbe Million Arbeiter im Reich 
auf den Wanderstab angewiesen sein würde. 
Wir empfehlen daher für die Altersversicherung der Arbeiter 
als ersten Grundsatz: 
1. Der Beginn des 56. Lebensjahres ist als derjenige 
Lebensabschnitt zu bezeichnen, in welchem die Arbeits 
kraft zum Teil verbraucht ist und die Unterstützungs 
bedürftig keit beginnt. 
2. 
Auf welchem Wege können die 4 258 875 Altersschwache, welche 
zwischen dem 56. und 101. Lebensjahre stehen, versorgt werden? 
Wenn wir die Ergebnisse wiederholter Volkszählungen in Eng 
land, Frankreich, Belgien und Preußen in Bezug auf die Sterblichkeit* 
innerhalb eines jeden dieser Staaten mit einander vergleichen, so finden 
wir, daß die Sterblichkeit in jedem Lebensalter vom 2. bis 101. Jahre 
uur unerhebliche Verschiedenheiten darbietet, aber wir finden eine völlige 
Uebereinstimmung darin, daß vom 60. Jahre aufwärts das Leben 
schneller verläuft und nach einer Durchschnittsbcrechnung mit dem 
73. Jahre endet. 
Ans diesem bei allen Nationen im Wesentlichen gleichbleibenden 
Sterblichkeits-Berhältniß crgiebt sich, — um mit Snetclets Worten 
zu sprechen — ein Naturgesetz, welches in allen Staaten durch 
Gründung von Lebens- und Rcnten-Vcrsichernngcn für die mensch - 
li che Gesellschaft nutzbar gemacht und von den vorerwähnten drei 
Staaten zur Gründung einer Altersversicherung der Arbeiter benutzt 
wird. 
* In der Zeitschrift des preußischen Statistischen Bureaus, IN. Jabrgang, 
ven l. und II. 0. 20 sind die Sterblichkcitstafeln der größten Lebens< und Renten- 
«ersichcnlngs Anstalten verschiedener Staaten veröffentlicht.
	        
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