VII
31. Dezember des kommenden Jahres (1899) eine Einigung zwischen
Reichsregiernng und Reichstag nicht zu stände kommt, ist die Reichs
regierung gehalten, das Privilegium der Reichsbank zu kündigen. Die
Existenz der Reichsbank in irgend einer Form ist jedoch für den deutschen
Verkehr in so hohem Grade eine unbedingte Notwendigkeit, daß sie
nicht ohne jeden Ersatz einfach aufgehoben werden kann. Vis zu dem
bezeichneten Termin müssen also die Verhandlungen zu einem gün
stigen oder ungünstigen Abschluß gediehen sein.
In der That wird nach einer offiziösen Mitteilung ein Gesetz
entwurf über die Verlängerung des Bankgesetzes eine der ersten Vor
lagen sein, welche dem Reichstag in der beginnenden Session vor
gelegt werden.
Die Erneuerung des Vankgesetzes, vor allem die Erhaltung und
eventuelle Reform der Reichsbank ist eine Frage, welche das Inter
esse der weitester: Kreise berührt. Aus diesen: Grunde erschien
es der Verlagshandlung und dem Verfasser geboten, diese Schrift,
welche zuerst in zwei Aufsätzen in „Schmollers Jahrbuch" publiziert
wurde, nunmehr in Buchform der weitesten Öffentlichkeit zugäng
lich zu machen. Sie ist zu diesen: Zweck vielfach abgeändert und
erweitert worden. Namentlich der Abschnitt über die Kapitalerhöhung
der Neichsbank (Zweiter Teil, II 1) hat eine wesentliche Umgestaltung
Verlängerung des Reichsbankprivilegiums um mehr als 10 Jahre an die Zu-
stimmung des Reichstags gebunden ist. Auf den ersten Blick könnte es er
scheinen, als ob damit nur etwas ganz Selbstverständliches gesagt wäre, da ja
eine solche Verlängerung der Kündigungsfrist eine an sich schon nur mit Zu
stimmung des Reichstags mögliche Änderung des Bankgesetzes wäre. Zur Rot
könnte man jedoch dieser Bestimmung den Sinn unterschieben, daß Abmachungen
zwischen der Reichsregierung, welche nach dem ersten Absatz allein das Kündigungs
recht handhabt, und der Reichsbank, durch welche die erstere sich verpflichtet,
etwa nur von 20 zu 20 Jahren die Kündigung in Erwägung ziehen zu wollen,
ohne Zustimmung des Reichstags unstatthaft sind.
Jedenfalls kann aus dem Wortlaut des letzten Absatzes nicht geschlossen
werden, daß zur Unterlassung der im ersten Absatz in das Belieben der Reichs
regierung gestellten Kündigung die Zustimmung des Reichstags erforderlich ist.
Gleichwohl ist dies, wie aus der Entstehungsgeschichte des § 41 hervorgeht, der
Sinn dieser merkwürdigen Bestimmung. Der ursprüngliche Entwurf enthielt
den letzten Absatz dieses Paragraphen nicht; er wollte die Ausübung des Kün
digungsrechts von jeder Mitwirkung des Reichstags frei halten. In der Reichs
tagskommission herrschte die Ansicht vor, man müsse dem Reichstag die Möglich
keit geben, die Aufhebung bzw. Verstaatlichung der Neichsbank eventuell gegen
den Willen der Reichsregierung zu bewirken, und zu diesem Behuf wurde der
letzte Absatz hinzugefügt (vergl. den Kommissionsbericht S. 52—55).