Full text: Der gesetzgeberische Ausbau des Deutschen Reiches und seine Wirtschaftlichkeitspolitik

I. Gewerberecht und Gewerbefreiheit. 
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Verwaltung im gleichen Moment, da man glaubte, ihrer Aufsicht und Beihilfe entraten 
zu können, neue Ausgaben, aber auch ungeahnte Kräfte und Mittel. 
Die neuere deutsche Wirtschaftsgeschichte laßt sich in vier Epochen einteilen: 
1. Die Jahre von 1847—1862: Politische und wirtschaftliche Gärung. 
2. Die ^ahre von 1862 187s. Politische Einigung und Durchbruch der liberalen 
1862, ^0^6^06^(16, 
Hochkonjunktur bis 1873. 
3. Die ^zahre von 13^8 1894. Eisenbahuversiaatlichung, Auskommen der Arbeiter- 
und Agrarbewegung, der Mittelstaudspartei. Schwenkung in der Wirtschafts 
politik des Reichs: Arbeiterschutz und Arbeiterversicherung, Kornzoll und Pro 
hibitivsystem, Kolonialerwerb. 
4. Seit 1894: Imperialismus und Expansion; Zolltarif von 1903. 
j. Abschnitt. - 
wirtschaftliche Uonzentration vor der politischen Einigung. 
I. Gewerberecht und Gewerbefreiheit. 
Bis in die 60er Jahre hinein zeigte die gewerberechtliche Verfassung des 
Deutschen Reiches eine verwirrende, unübersehbare Mannigfaltigkeit und Unklarheit *). 
Hier bildete, ähnlich wie beim Münz- oder Eisenbahntarifwesen, die Herstellung ge 
meinsamer einheitlicher Grundbestimmungen ein drillgendes Bedürfilis. 
Dieses Bedürfnis nach Herstellung eines gemeinsamen einheitlichen Gewerbe 
rechts fand 1848 in den Frankfurter Verhandlungen des Handwerkerkougresses, der 
zur Zeit der Nationalversnlnmlìlng tagte, einen kräftigen Ausdruck; nur gingen die 
grundsätzlichen Ansichten über die Ziele und Aufgaben der Neuregelung weit aus 
einander. Die einen verlangten, was erst heute wieder aufgegriffen wird, einen 
Reichsverband für alle Jnnungsgenossen, eine Zentralorganisation, die sämtliche 
Fachverbände zusammenfasse und ihre Gesamtinteressen vertrete. Andere, wie nament 
lich die linksrheinischen Vertreter, verlangten die Einführung unbedingter Gewerbe- 
und Koukurrenzfreiheit. Die Arbeiterkongresse wiederum versprachen sich alles Heil von 
der radikalen Umgestaltung des Erwerbslebens durch Schaffung von Produktiv 
genossenschaften; ihre Anschauungen wurden allerdings als abenteuerlich befunden. 
So gingen hierüber schon die theoretischen Anschauungen, wie sich der Chemnitzer 
Handwerkerverein damals ausdrückte, „mindestens ebenso weit auseinander, wie die über 
die einstige Gestaltung des deutschen Bundesstaates". Neben den abstrakten Prinzipien 
aber trat mehr und mehr zutage, daß es sich hierbei für verschiedene Bevölkerungsgruppen 
auch um einen folgenschweren Existenz- und Jnteressenkampf handelt. Angesichts dieses 
Kampfes sprach sich der eben genannte Chemnitzer Handwerkerverein folgendermaßen aus: 
ff Ein lebendiges Beispiel für die Nachteile einer derartigen Zersplitterung für das ge 
werbliche Leben bietet heute noch die Kantonalgesetzgebung der Schweiz.
	        
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