Full text: Der gesetzgeberische Ausbau des Deutschen Reiches und seine Wirtschaftlichkeitspolitik

74 2. Abschnitt. Grundlegung u. Ausban der Sozial- u. Wirtschaftspoliltk. 
Reglementierung (Einfluß der Regierung sowie der einzelnen Jnteressenten-Vereini- 
gungen aus die wirtschaftliche Entwicklung), 2. das Verhältnis der kapitalistischen 
Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit zu den Interessen der nichtbesitzenden Klassen, 
3. das Verhältnis zwischen Selbst- und Staatsverwaltung (Individualismus 
und Dezentralisierung). Für die Regelung dieses dreifachen Verhältnisses machte, wie 
jeder Anbruch eines neuen Zeitabschnittes, so auch der heutige, eine Neuabgrenzung 
für das Betätigungsfeld der beiden sich ebenbürtig gegenüberstehenden Kulturfaktoren 
notwendig. 
Die wirtschaftlichen Dissonanzen sind proportional der Höhe der Kul 
tur; diese Kultur birgt aber auch die Kraft, erstere zu heben. Und die Bürg 
schaft für einen schließlichen gewinnreichen Ausgleich liegt in dem Ursprung der 
neueren Dissonanzen, nämlich der Industrialisierung, d. h. der neuesten indu 
striellen, kommerziellen und sozialen Stärkung der Nationen, der ganzen Welt. 
Keiner näheren Ausführung bedarf es, daß auch heute noch die Regierung, da 
sich alles volkswirtschaftliche Leben unter sozialen Neubildungen und Kämpfen ab 
spielt, zumal bei dem Ringen aller Völker um eine soziale Weltanschauung, die 
Massenbewegung, insbesondere die Arbeiter- und Agrarbewegung und die sozialpoli 
tische Versöhnungsarbeit im Auge behalten muß. 
Aber das soziale Zeitproblem oder das ethische Gefühl des Wohlwollens und 
der Billigkeit kann für die Wirtschaftspolitik der Zukunft außer den soeben dargelegten 
Gründen auch deshalb nicht mehr den allein maßgebenden Maßstab abgeben, weil es 
zu vag, in dem lediglich sozialpolitischen Programm zu eng begrenzt, zudem inso 
fern nicht praktikabel ist, als die exzessiven Forderungen der extremen Parteien nur 
ein Zeugnis ihrer politischen Unreife darstellen. 
3. Das Konknrrenzproblem. 
‘ So wichtig als die Vorfrage, ob die Regierung in die Entwicklung und in das 
Wirtschaftsleben überhaupt eingreifen soll, ist die Frage der Methode, der Art und 
Weise, wie das geschehen soll; meint man sia heutzutage, die Zollpolitik z. B. sei 
keine Prinzipiensrage mehr, sondern nur eine Frage der (graduellen) Anwendung; 
ganz dasselbe trifft mit gleichem Recht oder Unrecht auch auf die Sozial 
politik zu. 
Diese Ausführungsfrage fällt zusammen mit der allgemeinen in betreff der 
Regelung des Unterbietungs-Wettbewerbs. Und dieser Wettbewerb ist zugleich das 
Hauptmoment im Antrieb und Verlaus der wirtschaftlichen Entwicklung. In der 
Entwicklung selbst und in ihrem Wesen stellen die vollkommen neuartigen politischen 
Probleme, das soziale Zeitproblem, die Agrarfrage und die Neugestaltung gegenüber 
der Auslandkonkurrenz nichts anderes als Variationen zu dem Jahrhunderte 
alten Konkurrenz prob lem dar. 
Wir haben deshalb auf die allgemeine Frage der Stellung der Regierung zur 
Regelung der inneren und äußeren Konkurrenz zuriickzugreifen und zugleich an den neuen 
konkreten Beispielen das Konkurrenzproblem klarzulegen. Die ideale Richtlinie, die 
sich aus der Entwicklung ergibt, bedarf wie jedes politische Ideal der Korrektur durch 
die mit dem Konkurrenzproblem gemachten Jahrhunderte alten Erfahrungen.
	        
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