96 Sechstes Kapitel. Die Entwicklung der römischen Weltwirtschaft.
r Als die vordringenden Perser Phönikien ihrem Reiche ein
verleibten, als die Griechen die phönikischen Faktoreien überall
zurückdrängten und ihnen Konkurrenz machten, gelang es der
Kolonie Karthago, die Hegemonie im Westen an sich zu reißen
und erfolgreich Südspanien, Westsizilien und Nordafrika zu be
haupten (Ş. 38). Bei jeder Gelegenheit gab die stolze Handels
stadt ihrem Willen unzweideutig Ausdruck, daß sie in ihrem
westlichen Bereich fremden Handel entweder gar nicht oder nur
unter ganz bestimmten Kautelen dulden wolle, die durch Handels
verträge genau festgelegt wurden (Polybius III, 22 f.). Als die
Kriege der hellenistischen Periode immer mehr den Charakter von
Nationalkriegen verloren, kam das Söldnerwesen auf (S. 88), das
bereits frühzeitig von den Karthagern ausgenutzt wurde. Karthago
war so eine reiche Handelsstadt mit einer regierenden Schicht vor
nehmer Geschlechter, die sich alle mit Geld- und Handelsgeschäften
abgaben (Aristoteles, Politik, ed. Susem. VIII, 10, 4), und einer
Volksmenge, die politisch wenig zu bedeuten hatte. Die unterwor
fenen Gebiete aber standen unter einem schweren Druck und wurden
mit vollem Bewußtsein ausgebeutet. Die nordafrikanischen Gebiete
wurden, sobald man die Macht dazu hatte, dem Plantagenbetrieb
erschlossen, bei dem Sklaven und freie Arbeiter verwendet wurden.
Durch Unterjochung ehedem freier Gebiete schuf man eine Art
Zinsbauern, die den Kleinbetrieb fortsetzten, den wir auch in der
Kaiserzeit in diesen Gegenden auf den ungeheuer großen Besitzungen
wieder antreffen (S. 132). Auch mußten diese Landstriche Soldaten
liefern, die an den karthagischen Kriegen ebenso wenig interessiert
waren wie die als Krieger verwendeten Nubiersklaven an den
Kriegen der Ägypter (S. 10). Die andern phönikischen Städte,
die dem karthagischen Staatsverbande angehörten, waren im gro
ßen und ganzen der Metropole gleichgestellt (Diodor XX, 55).
Zu den alten phönikischen Kolonien in Spanien (S. 20) kamen
bald neue Handelsplätze, in denen sich eine rege industrielle Tätig
keit entwickelte, wofür z. B. die zahlreichen Handwerker sprechen
(Polybius X, 17), doch drang man zunächst nicht tiefer ins Land
hinein. Erst die Kriege mit Rom änderten hier die Herrschafts
politik, indem man Spanien als Operationsbasis und als Truppen
reservoir benutzen lernte. Auch hier -in Spanien, ebenso wie
auf Sizilien und Sardinien, waren die Karthager einerseits Han
delsleute, andererseits Großunternehmer, welche diesen Ländern
an Rohprodukten entnahmen, soviel sie konnten. Neben Zerealien