Finanzen, Recht.
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ihrer Standesgenossen Machtmittel den Wucherern zur Eintreibung
der Gelder, an denen sie selbst dann partizipierten. Dabei war
die Rücksichtslosigkeit gegenüber den Provinzialen vielfach eine
grenzenlose, und man könnte mit Recht von einer Art Provinzial
koller sprechen, so wie man heute von einem Tropenkoller spricht
(Cicero, Gegen Verres). Betrug und Unterschleife waren dabei,
sowohl unter den römischen als auch unter den einheimischen
Beamten, etwas Gewöhnliches (Cicero, An Attikus VI, 2). Die
Kaiserherrschaft war unter diesen Umständen für viele Gebiete
eine wahre Erlösung und die Lobreden oft wirklich ernst gemeint.
Da die Verpachtung der Steuern viel einbrachte, war die Re
gierung gegen die Steuerpächter überaus rücksichtsvoll, wodurch
die tatsächliche Macht dieser Leute vielfach so groß wurde, daß
hohe Beamte sich ihnen beugen mußten. Neben den genannten
Einnahmen wären noch die Abgaben bei der Freilassung und
beim Verkauf von Sklaven zu erwähnen, die keinen unerheblichen
Ertrag brachten.
Der römische Bürger zahlte im allgemeinen in der Zeit der
Republik keine direkten Steuern, doch kam es vor, daß er ge
legentlich eines Kriegszuges eine bestimmte Abgabe leisten mußte,
die aber mehr den Charakter einer Zwangsanleihe trug, da die
Rückzahlung, wenn irgend möglich, aus dem Kriegsertrag, d. h.
aus der Beute, aus dem Erlös, der aus dem Verkauf der Ge
fangenen zustande gebracht wurde usw., erfolgte (Dionys v. Hali
karnaß V, 47). Schon seit der Mitte des 2. Jahrhunderts hörte die
Erhebung dieser Abgabe im allgemeinen auf (Cicero, Über die
Pflichten II, 76). Die Kriegseinnahmen gehörten in der römischen
Republik zu den wichtigsten der Staatskasse und waren ausreichend
regelmäßig. Erst die Friedenszeit unter den Kaisern ließ andere
Einnahmequellen bedeutsamer werden. Ein Teil dieser Einnahmen
wurde häufig dazu verwendet, Tempel zu errichten (Dionys v.
Halikarnaß VI, 94).
Die großartige Entwicklung zur Weltwirtschaft übte auch auf
das Rechts leb en einen entscheidenden Einfluß aus. Schon früh
wurde jenes Zeitalter der Barbarei in Rom überwunden, das
den Fremden für rechtlos erklärte, indem man durch Gastfreunde
eine Art Vertreter für ihn schuf. Um die Mitte des 3. Jahr
hunderts v. Chr. schuf man eine eigene Behörde für die Recht
sprechung, die Verträge zwischen Römern und Ausländern sowie
dieser untereinander, indem für Streitfälle, welche dieselben
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