116 Siebentes Kapitel. Das römische Reich als Wirtschaftskörper.
die Handelszentren des römischen Reiches begannen, sich der Er-
portindustrie speciell für jene Gegenden zuzuwenden, und traten
so mit der dortigen Industrie immer mehr in Konkurrenz;
während ursprünglich der fremde Kaufmann ins freinde Land
Waren seiner Heimat brachte, überwog nun vielfach die Ein
fuhr von Gegenständen, welche die einheimische Industrie, aller
dings nicht so billig, herzustellen vermochte. Während das erste
Stadium in erheblichem Maße den Kulturfortschritt förderte, in
dem fremde Waren neue Bedürfnisse erzeugten, wie dies z. B. die
orientalischen in Griechenland taten (S. 30), hatte dies zweite
Stadium nicht mehr diese günstige Wirkung. Das Volk, welches
dem römischen Kaufmann seine Schildkröten verhandelte, erhielt
Jahr für Jahr dieselben Tongefäße, die früher seine eigenen
Handwerker erzeugten und vielfach trat dadurch sogar ein Rück
gang in der Kultur ein.
Im Westen lag die Provinz Spanien, die durch den hanni-
balischen Krieg, am Ende des dritten Jahrhunderts, den Römern
zugefallen war. In erster Linie waren nur die Küsten dem Handel
erschlossen, und Handelsexpeditionen, besonders in die nordwestlichen
Teile, blieben lange ein Wagnis. Die südlichen, unter dem Namen
Bätica zusammengefaßten Distrikte nahmen vor allem italische
Auswanderer auf. Dort befanden sich auch bereits seit längerer
Zeit römische Ansiedlungen, so z. B. Carteia, das dadurch ent
standen war, daß die römischen Soldaten mit eingeborenen Frauen
Kinder erzeugten und mit den Ureinwohnern zusammen eine Ko
lonie bildeten. Immer mehr römische Ansiedlungen entstanden
zwischen den alten phönikischen, griechischen und karthagischen Ko
lonien, die ihren nationalen Charakter nicht bewahrten, sondern
meist, wie z. B. Gades, eine gemischte Bevölkerung in ihren
Mauern einschlössen. Bätica war reich an Naturschätzen, viele
Küstenstädte beschäftigten sich mit dem Fangen und Einsalzen von
Fischen, die in erster Reihe nach Italien exportiert wurden. Der
Bätis, dessen beide Ufer intensiv bebaut wurden, konnte weit
hinauf mit Lastschiffen befahren werden, dann mußte man die
Waren auf kleinere Fahrzeuge umladen, die bis Korduba, das
spätere Kordova, fuhren (Strabo, Geographie III). Silber, Kupfer
und Gold fand man in Bätica sowie in den sonst ärmeren nörd
lichen Gegenden. Die Produktion Südspaniens an Zerealien war
so groß, daß sie in großer Menge exportiert werden konnten, was
durch die Flüsse sehr erleichtert wurde. Auch wurden Kanäle ge-