Full text: Das Lebenswerk von Karl Marx

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Denken und Fühlen durch die Übereinstimmung der beeinflussenden 
äußeren Umstünde einen Zug zur Gleichheit empfängt. Gleiche Wert 
schätzungen, gleiche Ideale bilden sich aus. Sie erzeugt aber ferner 
auch eine bestimmte Willensrichtung auf Wahrung des von der 
Klasse vertretenen Standpunktes: ihrer ökonomischen Position nicht 
minder als ihrer Werte; sie erzeugt das, was wir das Klassen 
interesse nennen mögen. 
Was also überall sich ungezwungen entwickelt, ist zunächst ein 
Klassenunterschied, an ihn knüpft sich ein Klasseninteresse an. Die 
Vertretung dieses Klasseninteresses führt nun überall dort, wo ihm 
andere Interessen entgegenstehen, zum Klassengegensatz. Nicht immer 
muß notwendig die Vertretung des eigenen Klassenstandpunktes mit 
einem anderen Klasseninteresse kollidieren; gewiß kann zeitweise eine 
Jnteressensolidarität entstehen, aber niemals wird diese Übereinstim 
mung sich auf die Dauer erzielen lassen. Das Interesse des Junkers 
muß an einem bestimmten Punkte mit dem des Bourgeois, das des 
Kapitalisten mit dem des Proletariats, das der Handwerker und 
Krämer mit dem des Großbürgertums usf. in Widerstreit treten; 
denn jedes strebt naturgemäß nach Verallgemeinerung und schließt 
damit andere Interessen aus. Dann gilt das Wort: 
„Wo eines Platz nimmt, muß das andere rücken; 
Wer nicht vertrieben sein will, muß vertreiben . . . 
Da herrscht der Streit und nur die Stärke siegt " 
Hier ist es, wo Meinungsverschiedenheiten auftauchen könnten: 
muß es wirklich zum „Streit", zum „Kampfe" kommen? Ist nicht 
zu hoffen, daß — etwa aus Menschenliebe, oder Mitleiden, oder 
Anteilnahme am Gemeinwohl oder aus sonstigen edlen Motiven 
heraus — soziale Klassen sich freiwillig ihrer Vorrechte, die anderen 
im Wege sind, entäußern könnten? Natürlich: wissenschaftlich „be-
	        
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