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Die kommunale Vermögensbesteuerung in Hessen.
der Kapitalsteuer befreit sind, auch bis zu drei Jahren von der Ge
meindesteuer ganz oder teilweise freizulassen, findet man allerdings
auch in anderen deutschen Gesetzen. Nur um vermögende Leute heran
zulocken, zwei Klassen von Rentnern zu schaffen, eine, die unerträglich
viel und eine andere, die auffallend wenig bezahlen muß, ist indessen
doch eine ziemlich fragwürdige Maßnahme, für die man kaum über
zeugende Billigkeitsgründe anführen kann. Jedenfalls beweisen gerade
diese Ausnahmebestimmungen, zu welchen Absonderlichkeiten eine über
triebene Kapitalbelastung, die die Nachbarstaaten nicht mitmachen,
führen muß.
Mit dieser Betrachtung will ich meine kritischen Darlegungen
abschließen. Meine Einwendungen sind damit freilich noch längst
nicht erschöpft. Ich habe z. B. fernerhin Bedenken gegen die Aus
dehnung der Einkommensbesteuerung in die untersten Klaffen hinein,
ja bis auf ein Einkommen von weniger als 300 Mark herunter. Wie
es scheint, soll auch der Kapitalbesitz der kirchlichen toten Hand, der
bekanntlich sehr groß ist und sich im Anwachsen befindet, steuerfrei
bleiben. Auch dieser Bestimmung würde ich unbedingt die Zustim
mung versagen und manchen anderen mehr. Ich habe mich aber auf
das Allernotwendigste beschränkt und mich so knapp wie möglich
gefaßt. Solche Gelegenheitsschriften kann man nicht Monate im
Pulte liegen lassen, sonst geht es einem, wie jenem Reichstags
abgeordneten, der urbi et orbi verkündet hat, er habe in seinem
Schreibtische einen fix und fertig gestellten Kartellgesetzentwnrf liegen.
Alle Welt war darauf gespannt, das Ding kennen zu lernen. „Doch
Niemand hat's gesehenI" Auch meine Gegenvorschläge, die bei der
großen Schwierigkeit der Materie unmöglich in das Gewand eines
Gesetzentwurfes gekleidet werden konnten, können allerhöchstens als
Anregungen und Andeutungen dienen. Für „graue Theorie" halte
ich sie nicht. Es ist sehr schade, daß der ministerielle Gesetzentwurf,
der als Meisterwerk der Kürze und klaren Gliederung verdiente, in
jedes Lehrbuch der Finanzwissenschaft als Musterbeispiel prägnanter
Gesetzestechnik und formaler Systematik aufgenommen zu werden,
doch bei aller Übersichtlichkeit zu schweren Bedenken Anlaß gibt.
Er müßte meines Erachtens nochmals umgearbeitet werden, zumal