59
im Bereich der Branntweinbesteuerung von 1887 zu suchen
sein, die eine solche Kompensation angezeigt erscheinen ließen.
Auch die nach Gründung des Reichs hinzugekommene, bis zur
Gegenwart andauernde und anscheinend auch in Znkunft aus
recht erhaltene erhebliche Begünstigung der süddeutschen
Bundesstaaten, insbesondere Bayerns, durch das Biersteuer
reservatrecht und die im Vergleich zu ihrem hohen Bier
konsum außerordentlich vorteilhaste Bemessung des von ihnen
dafür ans Reich zu zahlenden Aversums dürsten hiermit in
Betracht kommen und auch jetzt noch für diese Bundesstaaten
erheblich genug ins Gewicht fallen, um ihnen eine Änderung
des Status guo in ihrem eigenen Interesse nicht rätlich er
scheinen zu lassen. Dies um so weniger, als der gleiche
Vorwurf auch gegen die in Bayern vom norddeutschen Bier
erhobene llbergangsabgabe zu erheben ist. Sie beträgt
3,25 Mk. pro Hektoliter, während die inländische Stener-
belastung nur etwa 2,35 Mk. beträgt, also 0,90 Mk. Prv
Hektoliter weniger. Wie sehr man sich dieses, Praktisch aller
dings bisher ebenfalls nicht besonders fühlbar gewordenen
Unrechts auch in Bayern selbst bewußt ist, geht aus einer
anläßlich der Einführung der Staffelung des Malzausschlages
getanen, sehr bezeichnenden Äußerung des bayerischen Finanz
ministers v. Riedel in der bayerischen Kammer der Reichs
räte vom 22. November 1889 hervor. Sie lautete dahin,
daß ein Hauptgrund für die Erhöhung des Malzausschlages
(für die größeren Brauereien) die ungeschmälerte Erhaltung
der Übergangsabgabe von 3,25 Mk. pro Hektoliter Bier sei,
da andererseits die Übergangsabgabe (wegen der gleich
zeitigen Herabsetzung des Steuersatzes für die kleineren
Brauereien) beanstandet werden könnte.
Es kommt hinzu, daß die Übergangsabgabe auch bisher
in keiner Weise irgend ein Hemmnis für den süddeutschen
bzw. bayerischen Bierexport nach Norddeutschland gewesen
ist, der von 610 000 lü im Jahre 1874 auf etwa 2,6 Millionen
Hektoliter im Jahre 1904 gestiegen ist.
Es ist übrigens auch sachlich unzutreffend, wenn man,
wie dies seitens des bayerischen Brauerbnndes immer ge
schieht, für die Übergangsabgabe die im Durchschnitt auf ein
Hektoliter Bier entfallende Steuerbelastung als maßgeblich
hinstellen will. Es entspricht vielmehr nur einein allgemein
gültigen fiskalischen Grundsatz, wenn auf Grund einer vom
Rohmaterial erhobenen Verbrauchssteuer für die Bemessung
der Übergangsabgabe vom fertigen Erzeugnis die Annahme
der praktisch noch möglich geringsten Ausbeute, und ebenso
umgekehrt für die Bemessung der Rückvergütung die Annahme
der'praktisch noch möglich höchsten Ausbeute zum Ausgangs
punkt genommen wird. Dies wurde auch ausdrücklich be-