182
/
wenn auch nur vorübergehend, vereint und als ein Ganzes den Arbeit
gebern gegenüber. Die letzten Jahre bilden in der südrussischen Land
wirtschaft eine Periode der fortwährenden, planmässig organisierten Land
arbeiterstreiks.
Das bewog die Arbeitgeber, auf eine beschleunigte Veröffentlichung
des neuen Gesetzes über die Landarbeiter zu dringen. Schon von An
fang an waren die Gutsbesitzer mit dem Gesetz vom Jahre 1886 un
zufrieden. Durch ihre Forderungen, Denkschriften und Resolutionen auf
allen landwirtschaftlichen Kongressen angetrieben, bemühte sich die Re
gierung, ein neues Gesetz über die Landarbeiter auszuarbeiten und in
verschiedenen Kommissionen beraten zu lassen. Seit den 90er Jahren
war immer eine Kommission vorhanden, die sich mit dem Gesetz über
die Landarbeiter beschäftigte. Die Berichte dieser Kommissionen wurden
unter alle Semstwos, landwirtschaftliche Gesellschaften und private Lati
fundienbesitzer verteilt, um deren Gutachten zu hören. Die Meinungen
gingen so schroff auseinander, dass der Gesetzentwurf nicht zum Ab
schluss gebracht werden konnte.
Das alte Gesetz vom Jahre 1886 fanden die Gutsbesitzer besonders
deshalb unbefriedigend, da die den Arbeitern angedrohte Strafe für das
willkürliche Verlassen des Dienstes nur einen Monat Haft betrug. Ab
gesehen von wenigen Ausnahmen, die die liberalen Semstwos bildeten,
war es fast die allgemeine Forderung, einige Artikel des Strafgesetzbuches
auf den 'Kontraktbruch der Arbeiter auszudehnen. Man wollte die Ver
letzung des privatrechtlichen Vertrages durch das öffentlich-recht
liche Strafgesetz bestrafen!
Und diese Bestrebungen der Gutsbesitzer sind jetzt erreicht. Am
15. April 1906 hat die Regierung ein neues Gesetz über die Landarbeiter
veröffentlicht, das offiziell «Massnahmen gegen die Streiks der Land
arbeiter» genannt wird. Unter dem Einfluss der Agrarbewegungen erst
in der letzten Zeit in Eile ausgearbeitet, bezweckt das Gesetz einerseits
die Streiks der Landarbeiter zu unterdrücken, anderseits die Gutsbesitzer
in dem Kampfe, den die Bureaukratie mit dem russischen Volke führt,
an die Seite dieser zu locken.
Für das willkürliche Verlassen seines Arbeitgebers wird jetzt der
Arbeiter mit 13 Monaten Gefängnis bestraft. Jede Organisation der
Landarbeiter wird strengstens untersagt. Die Teilnehmer an einer Arbeiter
koalition, die auch den Streik als Mittel für die Wahrung ihrer Interessen
bezweckt, werden mit Festung von 16 Monaten bis zu 4 Jahren, im
letzten Falle auch mit dem Verlust einiger besonderer Rechte bestraft.
/