Full text: Das System der Rentengüter und seine Anwendung in Ungarn

haupt unmöglich ist. Nachdem nun der Grundbesitz Rentenfonds 
ist, müssen bei Verschuldung und Verkehr desselben diesen 
Eigenschaften entsprechende Prinzipien zur Geltung kommen, 
jedoch nur bis zu jenem Masse, bis zu welchem dies die Be 
dürfnisse, die sich auf dem Gebiete der Kredit- und Verkehrs 
politik ergeben, erfordern und nur insofern« die praktische Ver 
wirklichung dieser Prinzipien ohne eine tiefgreifende Umgestal 
tung des Rechtssystems ermöglicht ist. Mit dieser Anforderung 
rechnete Rodbertus nicht, wie wir dies im Laufe unserer 
Auseinandersetzungen beweisen wollen. 
Rodbertus wendet sich deshalb gegen das Rechtssystem, 
weil es dem Grund und Boden künstlich einen Kapitalqualität auf- 
■erlegt, dadurch, dass der Grundbesitz zufolge Kapitalisirung des 
Ertrages mit dem laufenden Zinsfuss einen fiktiven Werth ge 
winnt, was sich darin äussert, dass der Kapitalwerth 1 des Grund 
besitzes bei unverändertem Ertrag eine, den Zinsfussschwankun- 
gen entgegengesetzte Fluctuation verfolgt. Dieser Angriff ist aus 
mehreren Gründen irrig. Wenn wir das Wesen des Werthes im 
Wirtschaftsleben und jene Aufgabe betrachten, welche er unter 
den kapitalwirtschaftlichen Verkehrsverhältnissen erfüllt, so fällt 
■die Unhaltbarkeit des Rodbertus’schen Standpunktes sofort ins 
Auge. Nämlich für jedes im Verkehr befindliche Produktions 
mittel bildet sich ein Werth, welcher in Zahlen nur durch ent 
sprechende Kapitalisirung des aus demselben erwarteten Rein 
ertrages Ausdruck finden kann, und in etwas Anderem nicht; 1 ) 
es ist allerdings richtig, dass die Werthbildung von den 
Zinsfussschwankungen beeinflusst wird, dies ist jedoch unver 
meidlich und fliesst aus dem Wesen des Werthes. Denn der 
Werth ist jene Bedeutung, welche einem gewissen Gute, vom 
■Standpunkte der Bedürfnisbefriedigung, unter gegebenen Ver 
hältnissen beigemessen wird, mit anderen Worten, die aus dem 
Vergleich von Genuss und Opfer sich ergebende und quantitativ 
feststellbare wirtschaftliche Bedeutung der Güter. 2 ) Der Werth 
beruht somit auf der Beziehung eines gewissen Gutes zu den 
unter gegebenen Verhältnissen bestehenden Bedürfnissen. Dieser 
Werth ist ein fiktiver dann, wenn jene Eigenschaften, wegen 
welcher einem Gute, vom Standpunkte der Bedürfnisbefriedigung, 
Bedeutung beigemessen wird, in der That nicht vorhanden sind; 
>es kann jedoch von keinem fiktiven Werthe die Rede sein, 
wenn der Werth sich ändert, die bezeichneten Eigenschaften 
1) Buchenberger: Agrarwesen und Agrarpolitik. II. S. 103. 
2 ) F öl des: Tärsadalmi gazdasägtan. (Socialwirtschaftslehre.) I. Buda 
pest, 1893. S. 137.
	        
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