Abschnitt IV.
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im Sinne einer bloß terminologischen Änderung, die vielmehr
im wesentlichsten Sinne nicht mehr vom „Wert“ handelt 1
Wenn man es streng ausdrücken will: Die es gar nicht zu sagen ver
möchte, daß sie nicht mehr „vom Werte“ handle, weil dann für sie
eine solche Ausdrucksweise an und für sich allen Sinn und jede Be
deutung verloren hätte! Es ist wahrlich nicht leicht, sich solches im
voraus auszumalen und alle seine Folgen abzusehen. Hier aber
verschließen wir uns diesen Dingen.
Hier interessiert uns die Tragweite der Kritischen Wertfrage nur
soweit, als sie für die Selbstbesinnung der Wertforschung in Betracht
fällt. Auch um dies zu ermessen, nehmen wir den Wertgedanken zum
Anhalt, seine dargelegte Bedeutung für jenes Forschen. Wir erkennen
dann, daß wir mit der Kritischen Wertfrage zunächst das herkömm
liche Denken über die „Wertlehre“ in Zweifel setzen, indem wir es
gleichsam an seiner Wurzel untersuchen. Aber wir zweifeln unter
Einem auch den Grund- und Leitgedanken der herkömmlichen Wert
forschung an. Vor allem jedoch prüfen wir jene Ansicht über den
Inhalt der Wertforschung auf ihre Gültigkeit, die sich, dem Geiste der
herkömmlichen Anschauung gemäß, im Einklänge mit dem herkömm
lichen Vorgehen dieser Forschung, aus dem Wertgedanken heraus
bilden läßt.
Da wir nämlich dieser Ansicht einen ausgesprochenen Vorrang
zugestehen, da wir über diesen Punkt, den wichtigsten für den Belang
der erstrebten Selbstbesinnung, mit der Bildung einer eigenen Ansicht
solange zurückhalten, bis wir jene herkömmliche Ansicht gewürdigt
haben: So erblicken wir in der Kritischen Wertfrage in erster Linie
das Mittel, ein Urteil über diese herkömmliche Ansicht vom Inhalt
der Wertforschung zu gewinnen. Aus diesem Anlasse werfen wir
hier die Kritische Wertfrage auf, ohne Acht auf die weittragenden
Nebenwirkungen unseres Beginnens — aber auch ohne Scheu vor
ihnen 1 Wir nehmen es einfach mit dieser Frage auch hier so ernst,
um noch ihrer vollen Bedeutsamkeit Rechnung zu tragen.
Werfen wir einen Blick voraus auf die möglichen Fälle, die unser
Beginnen herbeiführen köonte. Zuerst den Fall, daß wir die Kritische
Wertfrage mit zureichender Begründung verneinen müßten. Damit
allein brauchte dem fortlaufenden Bestand der Wertforschung noch
keineswegs ein Ende gesetzt zu sein. Es wäre nur über die herkömmliche
Meinung in bezug auf das fragliche Gebiet der Stab gebrochen, und
damit auch über die herkömmliche Art und Weise im Vorgehen der
Wertforschung. Im übrigen jedoch stünden wir nun erst vor der Frage
was denn eigentlich der tatsächliche Inhalt der Wertforschung sei,