Schlußwort.
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waren, 306 823 allein in der Industrie. (Siehe Anhang V.) Das ist
eine Tatsache, die dem Staate gefährlich wird, und die eben dieser Staat
zu bekämpfen sich nunmehr anschickt. Ständen ihm die finanziellen
Mittel zur Verfügung, so sollten tausende von Kindern, die die
Heimarbeitergegenden bevölkern, in andere Berufe überführt werden
um den Prozeß des Niederganges der Heimarbeit zu fördern.
Unseres Dafürhaltens bilden jene zwei Millionen, Welche ein verstor
bener Großindustrieller für solchen Zweck den Handweberkreisen
Schlesiens zur Verfügung stellte, diejenige Stiftung der letzten
Jahre, welche den größten Segen haben Wird.
Die Gesellschaft beklagt gewisse Zustände: Abnahme der Auto
rität, Zunahme des jugendlichen Verbrechertums, maßlose Ausbeutung
der Kinder. Sie ruft nach dem Staat. Der Staat soll helfen.
Nun, er hat durch das Gesetz vom 30. Mürz 1903 die Auswüchse
der gewerblichen Kinderarbeit beseitigen wollen. Sache der
Gesellschaft ist es, ihn bei der Durchführung dieses
Gesetzes zu unterstützen. War es die höchste Zeit, daß der
Staat in die einseitige Befolgung wirtschaftlicher Interessen des
Industrialismus wiederum eingriff, so ist es auch die höchste Zeit
für die Gesellschaft, begreifen zu lernen, daß Kinder keine Maschinen
sind und nicht zu Maschinen herabgewürdigt werden dürfen. Kinder
sind die zukünftigen Träger der Kultur und — unsere Richter.
Die Kinderschutzfrage ist eine Kulturfrage ersten
Ranges, und aus diesem Grunde muß der Staat nun
auch die Regelung der Kinderarbeit in Landwirtschaft
und Gesindedienst beschleunigen. (Siche: Agahd, Kinder
arbeit 1902 Kap. VII S. 121—168.)