Die Untersuchung der Sämereien.
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Als „Gebrauchswert“ einer Samenart gilt die aus Reinheit und Keim
kraft berechnete Prozentzahl. Der Rechnungsansatz wird auf das nach dem Aus
lesen verbliebene Gewicht der Probe gegründet, indem angenommen wird, daß die
durch letztere bedingten Verluste (Verstäuben, Wasserverdunstung, zufällige Ver
luste) dem Durchschnittscharakter der Probe entsprechen.
Ausführung:
Also angenommen, man habe 25 g Rotklee abgewogen und darin 24,565 g
reinen Samen und 0,411 g Verunreinigung gefunden, so beträgt die Summe der
zuriickgewogenen Samenbestandteile 24,565 + 0,411 = 24,976, also die Verun
reinigung (x) in Prozenten: 24,976 : 0,411 = 100 : x (= 1,64 °/ 0 ).
Also Verunreinigung = 1,64 °/ 0 , reiner Samen = 98,36 °/ 0 .
Hat der reine ausgelesene Samen eine Keimfähigkeit von 88,55 °/ 0 ergeben,
„ . . , n , , 98,36 x 88.55 n .
so ist der Gebrauchswert = - 1Q( j = 87,10 °/ 0 .
Diese Art der Berechnung des Gebrauchswertes ist nicht ganz genau, da
zwei in verschiedenartiger Weise gewonnene Zahlen (Zählprozente der Keim
fähigkeit und Gewichtsprozente der Reinheit) hierzu verwendet werden; es wäre
besser, wenn das bei der Enquete der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft beob
achtete Verfahren, wobei die zur Keimprüfung verwendeten Samen gewogen, nicht
gezählt worden sind, durchgängig Anwendung fände, zumal es für Rüben- und Gras
samen bereits vorgeschrieben ist.
H. Rodewald 1 ) hat gezeigt, wie man die mittleren und wahrscheinlichen Fehler
bei den Bestimmungen der Reinheit, Keimfähigkeit und des daraus sich ergebenden Ge
brauchswertes nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung finden kann und inwieweit
die theoretisch berechneten Fehler mit der praktischen Ausführung übereinstimmen. Ich
kann hier auf diese Arbeit nur verweisen.
0. Sonstige Bestimmungen, a) Absolutes Gewicht und W assergehalt.
Das absolute Gewicht der Samenkörner ist von der größten Wichtigkeit, weil mit
der Höhe des Gewichtes außer den Keimen auch die Menge der vorhandenen Reserve
nährstoffe anwächst.
Da das natürliche Gewicht der Samen (so bei Getreide, Runkeln, Gräsern usw.)
nicht selten durch Anfeuchten mit Wasser kurz vor dem Verkauf künstlich
erhöht zu werden pflegt, so empfiehlt sich im Verdachtsfalle eine gleichzeitige Be
stimmung des Wassers und sei bemerkt, daß die Samen für gewöhnlich im natür- •
liehen Zustande 11—15 °/ 0 Wasser enthalten.
b) Spezifisches Gewicht. Dasselbe wird, wenn überhaupt, mittels des
mit Thermometer versehenen Pyknometers oder auch mit dem Schuhmannschen
Dyknometer (S. 117) und unter Anwendung von Solaröl bestimmt.
In letzterem Falle findet man das spezifische Gewicht direkt durch Division des
absoluten Gewichtes mit der Anzahl der verdrängten ccm. Bei Anwendung des Pykno
meters und von Solaröl multipliziert man das gegen letzteres gefundene spezifische Ge
richt der Körner mit dem spezifischen Gewicht des Solaröles. Ist z. B. das spezifische
Gewicht von Weizenkörnern in dem Solaröl bei 16° = 1,523 gefunden, beträgt das des
Öles gegen Wasser hei dieser Temperatur = 0,915, so ist das spezifische Gewicht der
Weizenkörner gegen Wasser von 15° = 1,523 x 0,916 = 1,3915.
c) Bestimmung des Volumengewichtes. Zur Bestimmung des Volumen
gewichtes, besonders von Getreide, pflegt jetzt allgemein der von der Kaiserlichen
Normal-Eichungs-Kommission geprüfte „Getreideprober“ 2 ) von nachstehender
*) Landw. Versuchs-Stationen 1889, 30, 105, 115 uud IB90, P+ eng w Nachfolger),
2 ) Derselbe kann von der Firma Sommer & Bunge (Berth. Pensky
Berlin SW., Wilhelmstr. 122, bezogen werden.