Full text: Die Zeit der preußischen Freihandelspolitik

10 
von dem die Freihandelsbewegung in England ausging, hoffte, 
daß der Tag kommen werde, wo der englische Tarif ebenso frei 
sein werde wie der preußische. 
Diese Zollgesetz vom 26. Mai 1818, das die Ära der preußi 
schen Freihandelspolitik eröffnete, hat nicht nur die wirt 
schaftliche Einheit Preußens geschaffen, sondern es wurde 
auch nach seiner Amendierung im Jahre 1821 der Anlaß zur 
wirtschaftlichen Einigung Deutschlands. Auf Grund dieses 
Gesetzes schlossen die einzelnen deutschen Staaten mit Preußen 
ihre Zollverträge ab, durch die am 1. Januar 1834 der deutsche 
Zollverein entstand. Das preußische Freihandelsgebiet hatte 
sich zum deutschen erweitert, und die wirtschaftliche Einheit 
wurde die Grundlage der politischen, die schließlich mit der 
Errichtung des deutschen Reiches ihre Verwirklichung fand. 
Wie die wirtschaftliche Einigung Deutschlands unter Preußens 
Führung zustande gekommen war, so konnte auch die politische 
Einigung nur durch Preußen herbeigeführt werden. Das Mittel 
dazu aber fand Preußen wiederum in der Freihandelspolitik. 
Diese Politik ermöglichte es Preußen, Österreich, das nach der 
Hegemonie in Deutschland strebte, aus dem Zollverein fern 
zu halten. Hätte Preußen die Leitung der deutschen Wirtschafts 
politik an Österreich abtreten müssen, so wäre auch schwerlich 
ein deutsches Kaiserreich unter Preußens Führung entstanden. 
Deshalb ist es wohl nicht zu viel gesagt, wenn die Behauptung 
aufgestellt wird, daß die Entstehung des modernen Preußens 
und die Gründung des Deutschen Reiches hauptsächlich der 
preußischen Freihandelspolitik zu verdanken ist. 
Der österreichische Staatskanzler Fürst Metternich hatte 
den ersten Anfängen des Zollvereins keine besondere Bedeutung 
beigemessen. Seine Besorgnis wurde zuerst erregt, als die Ver 
handlungen Bayerns mit Preußen im Jahre 1828 begannen. 
In dem Bericht, welchen der österreichische Gesandte, Graf 
Trauttmansdorff darüber nach Wien schickte, wird bemerkt, 
daß zu den angenehmsten Träumen des damaligen preußischen 
Finanzministers Motz die Idee gehöre, die Entfesselung des 
deutschen Handels zustande zu bringen. Erweiterung des 
Marktes, ungehinderte Bewegung des Handels erschienen ihm 
als eine vorzügliche Quelle der Wohlfahrt der verschiedenen 
deutschen Staaten, als das wirksamste Schutzmittel gegen die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.