Full text: Die Zeit der preußischen Freihandelspolitik

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Dieser Beschluß war der Regierung sehr willkommen. 
Schon im Jahre 1860 waren Verhandlungen zwischen Paris und 
Berlin wegen Abschlusses eines Handelsvertrages angeknüpft 
worden, und wenn diese Verhandlungen auf Grund allgemeiner 
Tarifermäßigungen und des Rechts der Meistbegünstigung zu 
einem befriedigenden Ergebnis gebracht wurden, so war damit 
die differentielle Begünstigung Österreichs und jede Aussicht 
äuf Zolleinigung hinfällig geworden.*) 
Für Preußen war die Loslösung von Österreich eine Lebens- 
frage geworden, und so gewann der Vertrag mit Frankreich 
eine hohe politische Bedeutung. Die übrigen deutschen Staaten 
a ber stellten sich mit wenigen Ausnahmen auf die Seite Öster 
reichs und bemühten sich nach Kräften, die Absichten Preußens 
z u vereiteln. Sie wollten die Hoffnung auf eine Zolleinigung 
ruit Österreich nicht fallen lassen. Aber die preußische Regie 
rung ließ sich nicht beirren, denn sie wußte, daß sie in dieser 
Beziehung auf die Unterstützung des Volkes rechnen konnte. 
Das Abgeordnetenhaus nahm dann auch am 25. Juli 1862 mit 
264 gegen 12 Stimmen das Abkommen mit Frankreich an, 
und wenige Tage später (am 1. August) folgte das Herren 
haus seinem Beispiel. Die Unterzeichnung des Vertrags fand 
ar U 2. August statt. Der Kongreß deutscher Volkswirte, der 
1^62 in Weimar tagte, brachte zuerst seine Zustimmung zum 
Ausdruck, indem er erklärte; 
1- ,,daß der Handelsvertrag zwischen Frankreich und 
( h'm Zollverein einen ersten und wesentlichen Schritt zur 
Durchführung der Tarifreform im Zollverein bildet, welche 
f ür eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung des deutschen 
Volkes notwendig ist. 
2. daß er durch Gleichstellung der französischen Zollsätze 
") Am 25. Januar 1860 schrieb Prinz Albert von Schloß Windsor 
an den Prinzregenten von Preußen: er sehe voraus, daß der Ab- 
■v v - U ” ^ es en S6sch-französischen Vertrages auch Deutschland an treiben 
zu dem l’ re 6iandelssystem zu bekehren, und das die Vor- 
( |,^ e dieses Systems für Deutschland größer sein würden als diejenigen, 
\Wiu^ r Brankreioh sich jemals daraus ergeben könnten. Und Prinz 
daß 6 01 an * w °Hete ihm am 4. März 1860; er sei ganz seiner Ansicht, 
( j er der Handelsvertrag für Deutschland von Bedeutung sei, und daß 
' v ürd 01 Vere ‘ n s * c ä schließlich die Freihandelsprinzipien zu eigen machen 
e , die Preußen unausgesetzt, wenn auch vergeblich, angestrebt habe. 
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