Indigo
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Ingwer
der Indigkompositionen oder Indig-Solu-
tion zu erwähnen. Zu ihrer Herstellung löst
man I. in konz. Schwefelsäure und erwärmt die
Lösung mit Flockwolle, wobei letztere das Indi
gotin an sich zieht. Der, mit Wasser gewaschenen
Wolle wird der Farbstoff mit Alkalien entzogen,
und die sog. abgezogene Komposition oder
Sächsischblau zum Färben von Wolle und
Seide, nicht von Baumwolle, benutzt. -— In ähn
licher Weise verwendet man das rein dargestellte
indigschwefelsaure Natrium, auch Indigo
karmin, blauer Karmin, löslicher I. ge
nannt, das in Form einer teigartigen Paste sowie
als leicht in heißem Wasser lösliches Pulver in
den, Handel kommt und außer in der Färberei
auch als Malerfarbe, Tinte, Waschblau usw. be
nutzt wird, ln letzter Zeit ist es Möhlau ge
lungen, durch Erwärmen von I. mit 'Natronlauge
und Natriumhydrosulfit unter Zusatz von etwas
hydrolysiertem Eiweiß (Protalbinsäure) zu der
abgekühlten Lösung und Oxydation mit Wasser
stoffsuperoxyd einen kolloidalen I. zu erzeu
gen, der mit Wasser eine homogene Flüssigkeit
liefert und wie I. zum Färben benutzt werden
kann. Eine ungeheure Umwälzung in der Indigo
färberei und dem Handel mit dem natürlichen
Farbstoff hat die künstliche Darstellung des
Indigotins hervorgerufen, welche zuerst von A.v.
Baeyer nach zwanzigjähriger zielbewußter Arbeit
erkämpft worden ist und nach den Forschungen
anderer Autoren eine gewinnbringende technische
Verwertung gestattet. Nach dem verbreitetsten
Verfahren von Heumann wird Naphthalin zu
Phtalsäure oxydiert, letztere über das Phtalimid
(C 6 H 4 .(CO) 2 .NH) in Anthranilsäure (NH 2 .C 6 H 4 .
COOH) und dann durch Kondensation mit Chlor
essigsäure in Phenylglyzin-o-Karbonsäure (COOH.
C 6 H 4 . NH . CH 2 . COOH) übergeführt. Durch
Schmelzen mit Kali erhält man Indoxylsäure,
die durch Oxydation mit der Luft Indigo ([C 6 H 4 .
(CO)(NH).C] 2 ) liefert. Zu einer weiteren aus
sichtsreichen Synthese geht man vom Anilin aus,
das bei Einwirkung van Chloressigsäure in Phe
nylglyzin (C c Ii 5 . NH . CH 2 . COOH) übergeht,
und schmilzt letzteres mit Natron oder mit
Natriumalkoholat, oder am besten'Natriumamid,
ln von Jahr zu Jahr steigendem Maße wird
jetzt von deutschen Fabriken künstlicher I.
in den Handel gebracht, reiner und schöner
als der natürliche, und vor allem billiger!
Die Folge war ein alsbaldiger Preissturz auf
dem Weltmärkte. Der natürliche I. vermochte
nicht mehr zu konkurrieren, und an die Stelle
der seitherigen Einfuhr nach Deutschland trat
eine bedeutende Ausfuhr. Während Deutschland
noch bis 1895 alljährlich 2 Mil!. Kilogramm I.
im Werte, von 21 Mill. M. aus Indien bezog,
konnte es 1898 bereits für 7V2 Mill. M. aus
führen, und der Wert der Ausfuhr stieg in den
folgenden Jahren 1900 auf 9,4 Mill. M., 1902 auf
18.5 Mill. M., 1903 auf 20.7 Mill. M., 1904 aüf
31,7 Mill. M., 190S auf 25,7 Mill. M.. 1906 auf
31.6 Mill. M. und 1910 auf 43 Mill: M. Der Wert
der Einfuhr sank in der gleichen Zeit von 8,3
Mill. M. im Jahre 1898 auf 4,1; 3,7; 1,8; 1,4;
1,2-—0,8 Mill. M. und dürfte zurzeit gleich Null
geworden sein. Als Hauptabnehmer deutschen
Indigos kommen Japan mit 7 Mill, China mit s,
die Vereinigten Staaten mit 41/2, Rußland mit 3
und Österreich mit 2,7 Mill. M. in Betracht. Ja
selbst England führte für 2,6 Mill. M. deutschen L
ein, trotzdem es andererseits zur Unterstützung
der indischen Kulturen für Marinetuche die
Färbung mit natürlichem I. ausdrücklich vor
schrieb. Diese Maßregel hat gegenüber dem un
geheuren Preisrückgang von. 830 M. für die Tonne
im Jahre 1898 auf 250 M. im Jahre 1906 keine
Wirkung gehabt. Die Ausfuhr Indiens ist von
44 Mill. im Jahre 1896 auf 18,5, 10,7, 8,3 und
auf 5,8 Mill. M. im Jahre 1906 gefallen.’ Zahl
reiche Pflanzer haben den Kampf mit dem künst
lichen I. auf gegeben und sich dem Anbau an
derer Gewächse: Baumwolle, Flachs, Kautschuk
zugewandt.
Indophenole und Indoaniline, O.C 6 H 4 .
N . C 6 H 4 . OH, entstehen in analoger Weise wie
die Indamine (s.d.), aber nur in alkalischer Lösung,
und kommen als blaue, in Wasser unlösliche, in
Alkohol lösliche Pulver in den Handel. Sie
können, ähnlich wie Indigo, reduziert und als
Küpenfarbstoffe zum Färben und Drucken be
nutzt werden. Praktische Anwendung findet nur
das Naphtolblau, O.C 1( )H G .N .C 6 H 4 .N .(CH 3 ) 2 ,
das durch gemeinsame Oxydation von Amido-
methylanilin und a-Naphtol dargestellt wird.
Induline sind Abkömmlinge des Chinonimids
und, als eine Gruppe der Azinfarbstoffe, den
Safraninen nahe verwandt. Sie werden durch
Schmelzen von Anilin mit Amidoazobenzol dar
gestellt und bilden blaugraue oder schwarzblaue
Pulver, die in Wasser unlöslich sind, sich aber in
Alkohol mit blauer Farbe lösen. Ersetzt man die
Azoverbindungen durch Nitroderivate (Nitroben
zol, Nitrophenol),, so entstehen die Nigrosine.
Beide Klassen von Verbindungen liefern in Fär
berei und Zeugdruck außerordentlich echte Fär
bungen (s. Edelblau).
Infusorienerde (Kieselgur, lat. Terra infu-
soria, frz. Terre infusoire, engl. Infusoria earth)
besteht aus den Kieselpanzern von kleinen Lebe-,
wesen der Vorzeit, Diatomeen und Infusorien
und wird in den Becken früherer Teiche und
Seen gefunden. Besonders mächtige Lager sind
in der Lüneburger Heide und bei Bilin in Böh
men vorhanden. Die in chemischer Hinsicht aus
Kieselsäure bestehende I. findet vielfache Ver
wendung zur Herstellung des Wasserglases und
Dynamits, zur Verpackung von stark ätzenden
Stoffen, wie Brom oder rauchender Salpeter
säure, als Füllung bei Kasseschränken usw. Die
Verwendung für jene Zwecke beruht auf dem
starken Aufsaugevermögen, bei Kasseschränken
und als Umhüllungsmasse für Dampfrohre auf
dem schlechten Wärmeieitungsvermögbn.
Ingwer (Ingber, lat. Rhizoma zingiberis, frz.
Gingembre, engl. Ginger) besteht aus dem Wurzel-
Stocke von Zingiber officinale, einer tropi
schen Pflanze aus der Familie der Gewürz
lilien (Szitamineen), der auch Zitwerwurzel,
Kardamom und Kurkuma angehören. Die in
Südasien heimische Pflanze ist durch die Spanier
nach Amerika verpflanzt worden und wird auch
in Sierra Leone angebaut. Ihre Fortpflanzung
soll nicht durch Samen, sondern durch Wurzel
teilung erfolgen. Auf der Oberseite des Rhizoms
entspringen die schilfartigen Blätter, deren Nar
ben an der Droge noch sichtbar sind, während
die Verzweigungen an der Unterseite entstehen.