Full text: Weltwirtschaftliche und politische Erdkunde

II. DER WASSERVERKEHR 
181 
messungen passierbar. Bei der noch verhältnismäßig geringen Ent- 
wicklung des Eisenbahnwesens in Rußland spielt der Wasserverkehr in 
diesem Lande indessen eine größere Rolle als in irgendeinem anderen 
Staate Europas. Namentlich sind die russischen Flüsse und Kanäle 
für den Transport von Holz, Getreide und Petroleum wichtig. 
Der weitaus wichtigste Schiffahrtsstrom Rußlands und Osteuropas ist die 
Wolga, die von der Mündung aufwärts bis Nishnij Nowgorod, also auf einer 
Strecke von 2200 km, Schiffe und Barken von 2—3000 t trägt. Sie bewältigt 
etwa die Hälfte des gesamten russischen Binnenwasserverkehrs, Die Herstellung 
siner Verbindung der unteren Wolga mit dem Don, die schon oft und lange 
arwogen, soll demnächst endlich in Angriff genommen werden. 
Die Wasserstraßen Deutschlands, von denen Rhein, Elbe und 
Oder die wichtigsten sind, wiesen vor dem Kriege eine Gesamtlänge 
von 14700 km auf, nicht gerechnet 6000 km flößbare Gewässer. Sie 
gehören mit Ausnahme der Donau der atlantischen Abdachung an, der 
sie im allgemeinen in nordwestlicher Richtung folgen. Damit hat unser 
Wasserverkehr die Hauptrichtung auf die Nordsee, das große Ausgangs- 
tor für Deutschland zum Weltverkehr. Die Bedeutung der deutschen 
Ströme für die Binnenschiffahrt ist besonders groß im Bereich des Nord- 
Jeutschen Tieflandes, aber sie greifen mit ihren schiffbaren Strecken 
und Kanälen in zahlreichen natürlichen Becken und Senken durch die 
Mitteldeutsche Gebirgsschwelle hindurch, so daß sie fast ganz Mittel- 
europa nördlich der Alpen erschließen. Im allgemeinen günstige Ge- 
fällsverhältnisse, in mäßigen Grenzen bleibende Wasserstandsschwan- 
kungen und eine lange jährliche Schiffahrtsdauer (vgl. S. 177) machen 
sie zu einem wichtigen Mittel unseres Binnenverkehrs. Zwar kommen 
sie seit der Entwicklung des Eisenbahnnetzes für den Personenverkehr, 
abgesehen von den landschaftlich schönen Strecken des Rheins im Rhei- 
nischen Schiefergebirge, der Elbe im Elbsandsteingebirge und der Havel- 
seen, kaum noch in Betracht, aber von der gesamten deutschen Güter- 
bewegung bewältigen sie etwa ein Viertel und insbesondere einen großen 
Teil des Schwergüterverkehrs. Allerdings sind sie zu dieser Leistung 
erst durch zahlreiche künstliche Eingriffe und Erweiterungen befähigt 
worden. 
In der Regulierung seiner Ströme und dem Ausbau von Kanälen 
bat Deutschland bis in die neueste Zeit Großes geleistet. Unsere 
heutigen deutschen Wasserwege sind fast durchweg Kunst- 
straßen. Aus der Richtung der deutschen Ströme ergaben sich für 
den Ausbau des Kanalnetzes zwei Hauptaufgaben: einmal die Ver- 
bindung der einander parallel laufenden norddeutschen Ströme unter sich 
durch eine ostwestlich verlaufende Querverbindung und sodann die Ver- 
knüpfung der großen nach Nordwesten fließenden Adern mit der Donau. 
Die erste Aufgabe wird mit der in etwa sieben Jahren zu erwarten- 
den Vollendung des Mittellandkanals, von dem gegenwärtig der 
letzte Abschnitt zwischen Hannover und der Elbe in Bau ist, gelöst sein, 
Es wird dann eine durchgehende Wasserstraße vom Rhein bis zur 
Weichsel, die selbst aber jetzt der deutschen Schiffahrt durch Polen 
verschlossen ist, einen Güteraustausch zwischen allen norddeutschen 
I3römen. zwischen dem industriellen Westen und dem agrarischen Osten,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.