Full text: Frédéric Le Play in seiner Bedeutung für die Entwicklung der sozialwissenschaftlichen Methode

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und wieder pflanzen kann, indem man es neugestaltet. So ge 
schah es, daß der ethische und soziale Teil seiner Studien, der mit dem wissen 
schaftlichen nnd technischen Detail zusammenging, in seinem Geiste un 
merklich die Oberhand gewann . . . Jene Ideen (Familie, Erbrecht, 
Arbeitsgemeinschaft usw.), die er am Ende seines ersten Werkes als Probleme 
hinwarf, bewiesen, daß sein Geist das zweite als Keim schon beherbergte. 
Er war vom Studium der Metalle zu dem des Menschen vorgeschritten; er 
schritt jetzt von diesem zu dem der menschlichen Gesellschaften vor; er rüstete 
sich, die Eeformfragen entschlossen in Angriff zu nehmen. 
Aber auch Sainte-Beuve hat nur die Ziele der Methode Le Play’s 
und den Umriß ihres Wesens erkannt, nicht dieses selbst, nicht die 
Möglichkeit ihrer Ausgestaltung. 
Die Schüler und Nachfolger Le Play’s haben sich mit 
seiner Methode vielfach, auch kritisch beschäftigt. Ihre hierher 
gehörigen Arbeiten können in dieser Untersuchung nur gelegentlich 
erwähnt werden; sie bedürfen einer gesonderten Behandlung. 
In Deutschland hat, wenn man einstweilen absieht von 
seinen Nachfolgern auf dem Gebiete der „Haushalts-Statistik“ (Engel 
Schnapper-Arndt), nur ein einziger der führenden Geister unserer 
Wirtschaftslehre sich mit Le Play näher beschäftigt: Albert 
Schäffle (zuerst 1865); aber ihn interessierten nur die wissen 
schaftlichen Ergebnisse und die politischen Folgerungen Le Play’s 
er gab sie wieder und nahm zu ihnen Stellung; er nannte den Autor 
einen „seltenen Vogel“ und sprach davon, bei ihm sei die Sozial 
reform „nicht aus dem Stegreif konstruiert“; aber nichts deutet 
darauf hin, daß er sich mit Le Play’s Methode näher beschäftigt 
hätte; er scheint sein Erstlingswerk überhaupt nicht gekannt zu 
haben. Roscher erwähnt Le Play beiläufig als hervorragenden 
„konservativen“ Volkswirt, Schm oller als Begründer der wissen 
schaftlichen Untersuchung von Haushaltsrechnungen; im übrigen 
zitieren beide nur manche seiner Ergebnisse. 
Die einzige einigermaßen ausführliche Würdigung Le Play’s in 
der neueren deutschen Literatur rührt her von A. von Wenck- 
stern (jetzt Professor in Breslau) und ist 1894 erschienen. Sie 
enthält auch die erste Darstellung der Methode in deutscher Sprache: 
die einzelnen Bestandteile des Verfahrens werden aufgeführt und 
im ganzen richtig geschildert; aber diese Schilderung enthält nicht 
genügend Einzelheiten, um die Methode innerlich mit erleben und 
nachprüfen zu können; es fehlt infolgedessen auch fast alle Kritik. 
Die Bedeutung, welche Le Play für die Entwicklung der 
französischen Wirtschafts-Wissenschaft erlangt hat, läßt sich erst
	        
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