Full text: Fortschritt und Armut

Buch VII. 
Die Gerechtigkeit des Heilmittels. 
„Die Gerechtigkeit ist ein Verhältnis der zwischen zwei Dingen faktisch be 
stehenden Übereinstimmung. Dieses Verhältnis ist stets dasselbe, welches Wesen 
es auch betrachte, ob es Gott sei, oder ein Engel, oder endlich ein Mensch. 
Montesquieu. 
Kapitel I. 
Die Ungerechtigkeit des Privatgrundbesitzes. 
Wenn in Vorschlag gebracht wird, den Privatgrundbesitz abzu 
schaffen, so ist die erste Frage, die entsteht, die der Gerechtigkeit. Ob 
gleich durch Gewohnheit, Aberglauben und Selbstsucht oft in die ver 
zerrtesten formen verdreht, so liegt doch das Gerechtigkeitsgefühl tief 
inr menschlichen Geiste, und bei jedem Streite, der die Leidenschaften 
aufregt, wird der Konflikt mehr um die Frage: „Vst es recht?" als um 
die Frage: „Vst es weise?" toben. 
Diese Tendenz der volkstümlichen Erörterungen, eine ethische 
Form anzunehmen, ist nicht ohne Grund. Sie entspringt einem Gesetze 
des menschlichen Geistes; sie beruht auf einer unbestimmten und instink 
tiven Anerkennung wohl der tiefsten Wahrheit, die wir zu fassen ver 
mögen. Weise ist nur, was gerecht, von Dauer nur, was recht ist. Nach 
dem engen Maßstabe individueller Handlungen und individuellen Lebens 
mag diese Wahrheit oft verdunkelt sein, aber auf dem weiteren Felde 
des nationalen Lebens tritt sie allenthalben hervor. 
Vch beuge mich diesem Schiedsspruch und nehme diese probe an. 
wenn unsere Untersuchung der Ursache, welche niedrige Löhne und 
Pauperismus zu den Begleitern des materiellen Fortschritts macht, 
uns zu einem richtigen Schlüsse geführt hat, so wird derselbe die Über 
tragung aus dem Gebiete der Nationalökonomie in das der Ethik ver 
tragen und als Ursprung der sozialen Übel ein Unrecht aufdecken. Tut 
er das nicht, so ist er widerlegt. Tut er es, so ist er durch die letzte Ent 
scheidung bewiesen. Vst das Privateigentum am Grund und Boden
	        
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