Full text: Einführung in das Studium der Konjunktur

B i k 
2.46. 
Einleitung. 
1. Die Idee des Gleichgewichts und des Normalen 
im Wirtschaftslehen. 
Die Idee des Gleichgewichtes spielt im menschlichen Denken, 
vor allem auch bei der Beurteilung wirtschaftlicher Erscheinungen 
seit langem eine sehr große Rolle. In der äußeren Politik spricht man 
schon seit langer Zeit bereits von einem Gleichgewicht der Mächte, 
in der Nationalökonomie davon, daß ein Gleichgewichtszustand zwi 
schen der Volkszahl eines Landes und dessen Nahrungsspielraum 
vorhanden sein müsse, wenn nicht entweder eine Über- oder eine 
Untervölkerung eintreten solle. Auf dem gleichen Grundgedanken 
eines Gleichgewichtszustandes zwischen der gesamten Gütermenge 
eines Landes und der Menge der Umlaufsmittel baut sich die 
Quantitätstheorie auf, jene Lehre, daß das Mengenverhältnis beider 
einen bestimmenden Einfluß auf das Warenpreisniveau eines Landes, 
d. h. die Kaufkraft des Geldes in demselben, ausübe. Genau das 
gleiche Bild gebraucht man von dem Verhältnis der Größe von 
Produktion und Konsumtion, von Angebot und Nachfrage auf dem 
Warenmärkte. Beide, Produktion und Konsumtion, müssen sich in 
der Entwicklung des Wirtschaftslebens in einem gewissen Gleich 
gewichtsverhältnis befinden, wenn in diesem Störungen krisenhafter 
Natur vermieden werden sollen. 
Dieser Gedanke eines solchen Gleichgewichtszustandes im Wirt 
schaftsleben baut sich vornehmlich auf der Anschauung der Phy- 
siokraten, die dann von Adam Smith und seiner Schule weiter aus 
gebaut worden ist, auf, daß bei den wirtschaftlichen Erscheinungen 
und Verhältnissen alles auf einen gewissen harmonischen Zustand 
hinaus laufe, also auf einen natürlichen Gleichgewichtszustand, der 
sich bei freiem, ungehindertem Walten der wirtschaftlichen Kräfte 
auf die Dauer immer wieder herausstellen müsse. Man braucht nur 
an die Lehren von dem natürlichen Preis oder dem natürlichen Ar 
beitslohn bei den Vertretern der klassischen Nationalökonomie zu 
denken. Das sind die Preise und Löhne, die sich bei freier Kon 
kurrenz auf die Dauer immer wieder durchsetzen müssen. Um 
diese schwanken die tatsächlichen Marktpreise und Löhne nach unten
	        
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