Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

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An die Delkgirtkn des DUteitagkS. 
Werthe Genossen! 
Punkt 6 der provisorischen Tagesordnung des. Parteitages 
äat ein Referat des Genossen I. Arier vorgesehen „Ueber 
Genossensä)aften, Boykott und Kontrollmarken. 
Die Unterzeichneten haben nun zum Theil das System 
der Kontrollmarke als Kampfmittel im gewerkschaftlichen Kampfe 
in Anwendung gebracht, zum Theil beabsichtigen sie. es in 
nächster Zeit zu thun. 
Wir halten uns daher für verpflichtet, den Delegirlen zum 
Parteitag einiges Material zur besseren und leichteren Jnfor- 
mation zu unterbreiten. 
Im Lause dieses Jahres erschienen in dem wissenschaft 
lichen Organ unserer Partei „Die Neue Zeit" eine Reihe von 
Artikeln wider und für die Kontrollmarke. Wir bringen diese 
Artikel des Gegners sowohl als auch der Anhänger, damit sich 
die Genossen an der Hand des Vergleiches ein umfassendes 
-Urtheil bilden können. 
Die Gewerkschaft der Hutmacher war die erste, welche die 
Kontrollmarke anwendeten, wir bringen daher eines ihrer Flug 
blätter in Vordruck. 
Wir lassen den drei Artikeln auö der „Neuen Zeit" einen, 
kurzen Auszug über die „Bedingungen beim Boykotten", er 
schienen in der New-Aorker Zeitung. Typographical-Umon 
Nr. 6.*) außerdem die gegen eine Stimme angenommene .Reso 
lution des Halberstädter Gewerkscvafts-Kongreises folgen. 
*) Siche S v. Wultershaulen. Die Nordamerika,,. Gewerkschaften. 
S. 255. 
die innere Gliederung nach 
Werkstätten, das System 
der Werkstättenkontrolle und 
der Vertrauensmänner in 
den Werkstätten wird syste 
matischer ausgearbeitet, und 
das kommt auch in der 
systematischen Führung der 
Streiks in die Erscheinung, 
bewährt hier seine großen 
Vorteile. Im September 
1897 stellen Former und 
Berufsgenossen in den 
großen Maschinenfabriken 
Berlins die Arbeit ein und 
nötigen den Fabrikanten 
bund, der bis dahin keine 
Arbeiterorganisation aner 
kennen wollte, zum ersten 
Male vor dem Berliner 
Einigungsamt in der Ge 
stalt seiner Führer den 
Leitern der Gewerkschaft 
der Arbeiter Auge in Auge 
gegenüberzutreten. Denn 
Andauern des Stteiks der 
Former hätte Stillsetzung der Fabriken mit Brotlosmachung von 27000 
Arbeitern geheißen, und diese Möglichkeit hatte die Presse veranlaßt, sich 
mit dem Konflikt eingehender zu beschäftigen. 
Bedeutungsvolle Erfolge wurden in den Jahren 1898 und 1899 
namentlich in den Baugewerben Berlins erzielt, sowohl was die Arbeits 
zeit als was die Lohnsätze anbetrifft. Damals war bei den Maurern der 
Lohnsatz meist 55 Pfennig die Stunde und die Arbeitszeit 9^2 Stunden ini 
Tag. Ende des Jahrhunderts beträgt er 65 Pfennig die Stunde und die 
Arbeitszeit ist 9 Stunden im Tag. In den Berichten über den Verlauf der 
Kämpfe findet man eine fortlaufende Statistik der Verhältnisse auf den einzelnen 
Bauten, die erkennen läßt, wie sehr die Organisation in jedem Moment über 
die Sachlage auf dem laufenden war und die wirksamsten Maßnahmen 
treffen konnte. Das gleiche Bild zeigen die Berichte über die Kämpfe 
anderer Gewerbe, und ein wahrhaft klassisches Bild der Werkstättenkontrolle 
findet man in dem Bericht der Berliner Verwaltung des Verbandes der 
Lolzarbeiter von 1904 über ihre Kämpfe in der Möbelindustrie, Kämpfe, 
die im Verein mit solchen der Klavicrarbeiter und noch einiger anderer 
Branchen der Holzindustrie, die Ausgabe des Verbandes für Streiks und 
Aussperrungen in Berlin in jenem Jahr auf über eine Million Mark 
bringen. 
Das Jahr 1905 endlich sieht in Berlin, nachdem 1903 und 1904 schon 
große Kämpfe in der Messingindustrie gespielt hatten, den großen Kampf in 
der Elektrizitätsindustrie, der zur Aussperrung von 40000 Arbeitern — 
155. Bericht an den Parteitag von 1892 
über den Wert der Kontrollmarke
	        
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