Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

Zwölftes Kapitel 
Die gewerkschaftliche Bewegung der Handlungs 
gehilfen Berlins. 
^ie von: Geiste der modernen Arbeiterbewegung erfüllte Agitation ließ, 
wie schon im zweiten Band gezeigt wurde, auch die in rascher 
Steigerung zunehmende Berufsschicht der Landlungsgehilfen Berlins 
nicht unberührt. Angehörige der Landelsberufe finden wir von Anfang 
an in der Arbeiterbewegung, aber sie blieben längere Zeit vereinzelte Aus 
nahmen. Je mehr aber der Großbetrieb auch im Kaufmannsgewerbe sich 
Platz eroberte, je mehr sich die Fälle häuften, wo das Verhältnis von 
Prinzipal und Gehilfe statt ein vorübergehendes, persönliches Abhängig 
keitsverhältnis Klassengegensätze zum Ausdruck brachte, um so mehr mußte 
auch das Bestreben sich geltend machen und als zeitgemäß erweisen, für 
die Landelsgehilfen Organisationen zu schaffen, die von dem gleichen Geist 
erfüllt waren wie die freien Gewerkschaften, das heißt, die, ohne Partei 
charakter zu tragen, in sozialistischem und nicht in kapitalistischem oder dem 
Kapitalismus ergebenen Geist geleitet wurden. 
Im zweiten Band konnte von diesen Bewegungen nur beiläufig Notiz 
genommen, auf ihre Schicksale und Erfolge aber nicht eingegangen werden. 
Die ersteren sind aber interessant und die zweiten bedeutsam genug, um 
Anspruch darauf zu haben, in dieser Geschichte näher behandelt zu werden. 
Es handelt sich um eine Bewegung eigener Art, in vielem der Bewegung 
der Lohnarbeiter verwandt, in Einzelheiten doch von ihr unterschieden. 
Einer der Pioniere, die im Winter 1882/83 die ersten Grundlagen 
zur Landlungsgehilfenbewegung Berlins gelegt haben und mit ihr in 
steter enger Verbindung geblieben sind, August ^L in he, hat dem Verfasser 
in liebenswürdiger Weise seine Aufzeichnungen und Sammlungen zur 
Verfügung gestellt, und vornehmlich auf Grund ihrer soll die Bewegung 
hier eine kurze Darstellung erfahren. 
Im Anschluß an die große Agitation des Jahres 1883 für die Sonn 
tagsruhe im Landelsgewerbe ward am 18. November 1883 eine „Freie 
Organisation junger Kaufleute" ins Leben gerufen, in deren ersten 
Vorstand wir neben Karl Nosenthal und E. L- Friedrichs auch 
Aug. Lintze finden. Ihr Programm bestand aus acht Punkten: Fest 
legung der gesetzlichen Kündigungsfrist als Mindestgrenze für Kündigungen, 
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