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Regelung des Lehrlingswesens und der Arbeitszeit, Regelung der Sonn
tagsarbeit, Unterstützung in Fällen von Krankheit und Invalidität, Ver
sicherung gegen Stellenlosigkeit, Diskussion und Regelung der Gehaltsfrage,
Stellungnahme zu allen die Gehilfen betreffenden Tagcsfragen. An der
Agitation für den Verein und sein Programm beteiligten sich neben den
Genannten als Redner besonders lebhaft Albert Auerbach, Leopold
Liepmann und Gustav Miecker. In einem kaufmännischen Fachblatt
„Lande! und Verkehr" fanden sie kurze Zeit ein Organ, das jedoch mit
Ende 1883 wegen Geldmangel sein Erscheinen einstellen mußte. Der
Verein aber zählte um diese Zeit schon 400 Mitglieder. Er fühlte sich
stark genug, die Agitation nach außerhalb zu tragen, knüpfte allerorts
Verbindungen an und hatte die Genugtuung, daß auf einem Kongreß kauf
männischer Vereine, den er einberufen hatte und der Pfingsten 1884 im
Architektcnhaus in Berlin tagte, 30 Vereine durch 60 Delegierte ver
treten waren und die Gründung eines Verbandes kaufmännischer Vereine,
sowie einer nationalen Krankenkasse für kaufmännische Angestellte beschloß.
Mit der Ausarbeitung der Statuten wurde die Berliner freie Organisation
beauftragt.
Bis dahin hatten die Behörden der Bewegung wenig in den Weg
gelegt. Der für damalige Verhältnisse glänzende Verlauf des Kongresses
hatte aber die Furcht der älteren, ganz im bürgerlichen Fahrwasser
schwimmenden kaufmännischen Vereine erweckt, daß die Bewegung ihnen
über den Kopf wachsen könne, sie verlegten sich nunmehr darauf, mit allen
Kräften gegen die neue Schöpfung zu agitieren, wobei der Lirschsche
„Verein der deutschen Kaufleute" sich besonders hervortat, gaben überall
herum, daß die Leiter der Organisation verkappte Sozialdemokraten seien
und erlebten den Triumph, daß die gleichfalls alarmierte Polizei einige
Versammlungen der Berliner Stanim-Organisation auflöste. Nun bekamen
die auswärtigen Vereine Angst, einer »ach dem anderen erklärte seinen
Rücktritt, und die Idee des Verbandes mußte als verfrüht aufgegeben
werden. Lediglich die geplante nationale kaufmännische Kranken- und
Sterbekasse konnte ins Leben treten. Ihr Statut erhielt Anfang 1885 die
Genehmigung der Aufsichtsbehörden, und ihr erster Vorsitzender wurde
August Linhe, der das Amt mit kurzer Unterbrechung die ganze Zeit
über bis in die Gegenwart versehen hat.
Im übrigen blieb die „Freie Organisation" auf sich selbst angewiesen,
warf aber darum durchaus noch nicht die Flinte ins Korn. Im Früh
jahr 1885 rief sie ein neues Blatt, „Der Landlungsgehilfe, Organ
zur Wahrung der Interessen der konditionierenden Kaufleute", ins Leben,
das dreimal monatlich erschien und von Karl Rosenthal redigiert wurde.
Es war ein tapfer gehaltener Vorläufer des heutigen „Landlungsgehilfen-
Blatt", ward von der kleineren Vereinigung mit großer Opferwilligkeit
mehr als zwei Jahre, vom 10. Mai 1885, dem Datum seiner ersten
Nummer, bis Ende September 1887 am Leben erhalten und hat in dieser Zeit
viel fluchttragenden Samen ausgestreut. Die Freie Organisation ließ keine Ge
legenheit vorübergehen, für ihre Grundsätze und Forderungen zu agitieren; auf
verschiedenen, von Behörden und amtlichen Personen veranstalteten Konfe
renzen zur Beratung von Fragen des kaufmännischen Berufs finden wir auch
sie durck führende Mitglieder vertreten. Sie nimint gegen ein reaktionäres