Die Organisation des britischen Weltreichs.
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Da die Reichskonferenzen nur aller vier Jahre zusammentreten, so
ist zurzeit die Erledigung zahlreicher Einzelfragen ausgeschlossen.
Bei der Selbständigkeit der Einzelstaaten in staatsrechtlicher Hinsicht
und bei ihrer geographischen Lage ist solches auch nicht vonnöten.
Plötzlich auftauchende Fragen können durch Sonder- und Zwischen
konferenzen erledigt werden, wenn das nicht durch Verhandlungen
von Regierung zu Regierung möglich ist. Dazu kommen häufig Be
suche kolonialer Minister im Mutterlande, denen bei dieser Gelegen
heit Einblick in die Führung der Reichsgeschäfte zuteil wird; sie
werden z. B. zu den Sitzungen des Reichsverteidigungsrates zuge
zogen. Es ist sogar die Frage der ständigen Anwesenheit eines
kanadischen Ministers in London erörtert worden.
Der Verkehr zwischen den einzelnen Regierungen und beson
ders mit der Regierung des Mutterlandes wird nicht länger aus
schließlich durch die Gouverneure aufrechterhalten; er wird im
Laufe der Entwicklung voraussichtlich mehr und mehr in die Hände
von kolonialen «Gesandten» übergehen. Es entwickelt sich so ein
Staatenbund, der manche Ähnlichkeit mit dem alten deutschen Bunde
hat. Die Reichskonferenz und deren geplante Fortsetzung, der Aus
schuß der Oberkommissare, erfüllt eine Anzahl der Aufgaben, die
der Bundestag zu erledigen hatte. Die Vormacht, das Mutterland,
leitet die äußere Politik und organisiert die Reichsverteidigung in
steter Fühlung mit den Bundesgenossen. Es ist eine Entwicklung,
die noch in vollem Gange ist; ist doch keine der Kolonien als völker
rechtliches Subjekt zu bezeichnen. Mit ihrer inneren Erstarkung
wird der Wunsch, nach außen und innen eine Nation zu werden,
wachsen. Die Furcht vor der Übernahme neuer Aufgaben wird
schwinden und damit auch das Mißtrauen gegen den Eintritt in eine
völlige Teilhaberschaft mit dem Mutterlande. Während heute noch
ein formales Abhängigkeitsverhältnis besteht, das sich in der Unter
ordnung unter den Staatssekretär für die Kolonien äußert, wird es
in absehbarer Zeit zu einem Nebeneinanderstehen kommen.
Ein solches Miteinanderarbeiten verbündeter Regierungen hat
zweifelsohne seine Schattenseiten. Die verbündeten Regierungen
haben zurzeit außer einem dem Kolonialamt angegliederten Sekreta
riat kein Organ. Sie besitzen als Verbündete keinerlei Geldmittel; sie
können einander nicht majorisieren und ihre Beschlüsse voneinander
nicht erzwingen. Wenn es sich um eine große Masse widerstrebender