Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten
1. Die Vergleichsbasis
ie Reise der deutschen Gewerkschafter nach den Vereinigten
Dice galt vergleichenden Studien, nicht zuletzt sollte die
amerikanische Wirtschaft betrachtet werden.
Der mächtige nordamerikanische Staatenbund, der Fleiss und die
Tüchtigkeit seiner Arbeiter, das erstaunliche Tempo der Pro-
duktion, die verblüffende Höhe der Technik, das Riesenmass des
Verbrauches und im besonderen das Auto als Triumph jener Ent-
wicklung — das wurde seit Kriegsbeendigung in jeder deutschen
Diskussion zum entscheidenden Argument. Es war, ohne eigene
Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse, kaum zu widerlegen,
auch dann nicht, wenn ihm die Unwahrscheinlichkeit, das Falsch-
aufgefasste, die Beweislosigkeit sichtbar an der Stirn geschrieben
standen.
Während der jüngst vergangenen zehn Jahre erwuchs eine um-
fangreiche Amerikaliteratur, aus der ständig weitere Argumente
entstanden. Diese Berichte und Untersuchungen betrachteten die
Wirtschaft, die Politik und die Psychologie der Vereinigten
Staaten von allen möglichen Standpunkten aus. Es war auch bei
kritischer Überprüfung häufig beinahe unmöglich, das Objektive
von der bewussten Voreingenommenheit und der beabsichtigten
Umbiegung der Tatsachen zu trennen.
Vom Standort des Arbeiters aus fehlte bisher jede Betrachtung
der amerikanischen Wirtschait. Sie sollte durch die Studienreise
der deutschen Gewerkschafter eingeleitet werden.
__ Es gibt auch heute noch Skeptiker, die das Interesse Europas und
im besonderen Deutschlands an der amerikanischen Wirtschaft im
wesentlichen als Zeitmode betrachten. Das ist aber in jeder Rich-
tung falsch.
Auch für den deutschen Arbeitnehmer erwächst der Zwang, sich
mit Amerika zu beschäftigen, aus der rasch stärker werdenden
Verknüpfung der Kapital- und Handelsinteressen Europas und im
besonderen Deutschlands mit dem gewaltigen nordamerikanischen
Kontinent, hier zuerst mit dessen mächtigstem Staatengebilde, mit
den Vereinigten Staaten.
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