I. DIE ÄUSSEREN MERKMALE DES STAATES 23
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DER Entmilttarıe,
195. Der französische Festungsgürtel zwischen Ärmelkanal und Jura.
offenen Stellen sich oft zu beiden Seiten der Grenzen hinziehen. Das eindrucks
vollste Beispiel dafür bietet Frankreich, das seine Ostgrenze von der Burgundi:
schen Pforte bis zur Straße von Calais durch einen fast lückenlosen und stellen-
weise mehrfachen Festungsgürtel künstlich glaubt sichern zu müssen.
Wo die Staatsgrenze keinerlei, weder natürlichen noch künstlichen
Schutz genießt, tritt insofern ein umgekehrtes Verhältnis von Staat
und Grenze ein, als die Grenze nicht mehr den Staat sichert, sondern
dieser die Grenze durch sein Ansehen und seine Macht gegen Über-
griffe und Verletzungen schützen muß.
Gute und schlechte Grenzen. Die Beantwortung der Frage, ob
eine Grenze oder ein bestimmter Grenzabschnitt gut oder schlecht ist,
hängt ganz von dem Standpunkt ab, von dem aus man urteilt. Grenzen,
die vom militärischen Standpunkt aus als gut zu bezeichnen sind, wie
hohe Gebirge, Seenplatten, Sümpfe, sind vom verkehrsgeographischen
aus vielleicht schlecht, und umgekehrt. Grenzen, die für den einen
Anlieger gut sind, sind es für den anderen weniger.
Die Seite des Stärkeren, des Siegers im Kriege, wird meist die begünstigte
sein. Freilich nicht immer: die 1871 festgelegte Vogesengrenze zwischen Frank-
reich und Deutschland, die im wesentlichen auf dem Kamm des Gebirges ver-
lief, war infolge der Verschiedenheit des rheinischen und des französischen
Abfalls für Deutschland viel ungünstiger als für Frankreich. Dagegen wurden
durch den Versailler Vertrag die Grenzen Deutschlands im Westen, Norden und
vesonders im Osten in strategischer und verkehrsgeographischer Beziehung
gegenüber dem früheren Zustand wesentlich verschlechtert.
Eine verhältnismäßig sehr gute Grenze ist die Seegrenze, weil sie
einerseits die Abwehr von Angriffen erleichtert, andrerseits dem Ver-