[08 8. Kapitel. Kriegstribute und Kapitalrücszahlungen.
8. Kapitel.
Kriegstribute und Kapitalrückzahlungen,
L Der Youngplan und die Mobilisierung.
Die Reparationsleistungen haben den Kapitalmangel
und hohen Zinsfuß in Deutschland verstärken helfen.
Man hat die bisherigen Leistungen Deutschlands auf
68 Milliarden Reichsmark geschätzt und die weiteren
Leistungen auf Grund des Youngplans mit 116 Mil-
liarden Reichsmark berechnet!. Wie dem auch sein mag,
sicher ist, daß die effektiven Zahlungen nach dem
Dawesplan von zirka 8 Milliarden Reichsmark (natür-
lich einschließlich der Sachlieferungen, die ja auch vom
Reich bezahlt wurden) die Kapitalbildung außerordent-
lich gehemmt haben. Es ist allerdings fraglich, ob unter
den heutigen Verhältnissen Deutschlands, angesichts der
Macht der Gewerkvereine und der Neigung der Schlich-
fungsorgane zu „politischen“ Löhnen, die Aufwendungen
für Reparationszwecke wirklich preissenkend wirken
werden, Bisher ist es nicht der Fall gewesen, weil die
Reparationszahlungen seit 1924 ja durch den Zustrom
ausländischen Kapitals übertroffen wurden. Aber man
kann behaupten, daß ein Preisdruck durch die Repara-
tionsverpflichtungen nur bei einer Verminderung der
Löhne eintreten wird, Die mechanische Auffassung der
klassischen Schule: es brauche durch die Kriegstribute
der deutschen Volkswirtschaft nur Kaufkraft entzogen zu
werden, so würden die Preise fallen und infolge da-
durch gesteigerten Exports würden die Devisen zu ihrer
Transferierung immer zur Verfügung stehen, habe ich,
wie die materialistisch-mechanische Wirtschaftsauf-
fassung, auf der sie beruht, immer bekämpft?, Die wirt-
schaftlichen Zusammenhänge sind nicht zu verstehen
1 Vergleiche J. W. Reichert: „Young-Plan, Finanzen und
Wirtschaft.“ Berlin 1930.
? Siehe Kastl u. Liefmann, „Das Transferproblem“.